Wladimir Putin und Exxon-Chef Rex Tillerson
© ReutersWladimir Putin, damals als Premierminister, und Exxon-Chef Rex Tillerson nach der Unterzeichnung des Rosneft-Vertrages über die Kooperation im Schwarzen Meer, 30. August 2011.
Das weltgrößte Energie-Unternehmen Exxon Mobil beantragt beim US-Finanzministerium eine Befreiung, um ein bedeutsames Joint Venture mit Rosneft fortsetzen zu können. Abgeschlossen hatte die Deals im Jahr 2012 der heutige Außenminister Rex Tillerson.

Seit mehreren Monaten bemüht sich Exxon bei der US-amerikanischen Regierung um Ausnahmegenehmigungen. Diese sollen es dem Konzern erlauben, in mehreren Bereichen tätig zu werden, die möglicherweise von den durch die USA verhängten Sanktionen betroffen sind. Der letzte diesbezügliche Vorstoß erfolgte laut einem Bericht des Wall Street Journal im März, kurz nachdem der zuvor amtierende Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, Rex Tillerson, zum Außenminister ernannt worden war.

Ursprünglich hatte der weltgrößte Erdölförderer eine Ausnahmegenehmigung beantragt, um im Juli 2015 einen Zugang zum Schwarzen Meer zu erhalten. Diesen Antrag, so ein Insider, hat das für die Einhaltung der Sanktionen zuständige Finanzministerium jedoch nicht genehmigt. Das Projekt ist auch deshalb geopolitisch brisant, weil die Hoheitsrechte in Teilen des Schwarzen Meeres umstritten sind. Insbesondere die Ukraine erhebt weiter Ansprüche auf diejenigen Teile der Region, die infolge des Referendums auf der Krim vom 16. März 2014 unter russische Verwaltung zurückgekehrt sind.

Der aktuelle Antrag von ExxonMobile muss von den zuständigen Abgeordneten des Kongresses untersucht werden. Dort besteht jedoch eher die Tendenz, die Sanktionen gegen Russland sogar noch zu verschärfen. Im Kongress läuft aktuell beispielsweise eine durch die Demokraten eingeleitete Untersuchung, die klären soll, ob es während der Präsidentschaftswahlen zu Kontakten zwischen Donald Trump und der russischen Regierung gekommen war.

Faktisches Monopol bei bestimmten Tiefsee-Bohrtechnologien

Der ehemalige Exxon-Chef Rex Tillerson hatte während seiner Zeit bei dem Öl- und Gasmulti eine enge Zusammenarbeit mit Rosneft aufgebaut. Bei dem nun beantragten Projekt geht es konkret um den gemeinsam mit Rosneft betriebenen Tuapse-Block vor der russischen Küste in der Region Krasnodar.

Das Gebiet verfügt über ein großes Potenzial an Ressourcen. Allerdings erfordert schon die Erkundung umfangreiche Investitionen. Da die Bohrungen aufgrund der beträchtlichen Seetiefe von ein bis zwei Kilometern erhebliche Investitionen erfordern, stiegen bis zum Jahr 2011 Chevron und Exxon in die Projekte ein. Die US-Unternehmen verfügen praktisch über ein Monopol bei den entsprechenden Technologien.

Die ausländischen Unternehmen sollten die erste Phase der geologischen Erforschung finanzieren und durchführen. Genau darauf zielten jedoch die 2014 durch das Finanzministerium konzipierten Sanktionen ab: Der Transfer von Know-How und Kapital an russische Erdöl- und Erdgasunternehmen sollte unterbunden werden, um so die Zukunftsprojekte der russischen Ölindustrie zu blockieren. Neben der Förderung im Schwarzen Meer betrifft dies vor allem Tiefseebohrungen in Alaska und die mögliche Schiefergasförderung mithilfe von Fracking-Technologie in Sibirien und im Uralgebiet.

Insofern kommt dem aktuellen Antrag auch eine Pilot-Funktion zu. Das Außenministerium gehört zu den US-Regierungsbehörden, die ein Mitspracherecht bei Exxons Ausnahmeantrag haben. Die wichtigste Zuständigkeit liegt weiterhin bei der Abteilung für Auswärtige Vermögen im Finanzministerium.

Zwar hat Tillerson eine Erklärung unterzeichnet, dass er sich für die kommenden zwei Jahre aus allen Entscheidungen heraushält, die "direkt mit Exxon" zusammenhängen. Allerdings lehnte er zuvor Sanktionen ab, solange sie "nicht einheitlich angewandt" werden. Natürlich befürchten sämtliche Unternehmen durch die Maßnahmen Wettbewerbsnachteile. Mit Blick auf den aktuellen Antrag dürften jedoch vor allem europäische Unternehmen in Sorge geraten, die ihrerseits von der Politik auf die penible Beachtung der Sanktionen festgelegt werden.

Sanktionspolitik verhindert Erschließung von 100 Milliarden Barrel Erdöl

Die russischen Ölreserven gehören seit langem zu den begehrtesten Zielen von Explorationsprojekten, sowohl bei amerikanischen wie auch unter europäischen Ölkonzernen. Die letzten US-Regierungen haben die in den USA ansässigen Öl- und Gasmultis ausdrücklich dabei unterstützt, in Russland einen Marktzugang zu erhalten. Gegenwärtig bleiben etwa 100 Milliarden Barrel Erdöl unerschlossen, weil westliche Unternehmen von der eigenen Politik daran gehindert werden, die russischen Projekte weiterzuführen.

Die Sanktionen, welche etwa Rosneft betreffen, verbieten es den US-Unternehmen unter anderem, sich an den technikintensiven Projekten in der Arktis, in Sibirien und im Schwarzen Meer zu beteiligen. Alle diese Projekte würden einen Transfer von innovativen Bohrtechniken erfordern. Konkret bei Exxon froren die Sanktionen ein wichtiges Explorationsprojekt ein, das Rex Tillerson persönlich mit Rosneft im Jahr 2012 unterzeichnet hatte. Der Deal gewährte Exxon Zugang, um die arktischen Gewässer Russlands zu erkunden, sowie das Recht, mit neuer Technologie in Sibirien zu bohren. Zudem wäre das Vorhaben mit der Möglichkeit verbunden, die Tiefwasserregionen im Schwarzen Meer zu erkunden.

Insgesamt soll der geplante Umfang des Geschäfts eine gemeinsame Investitionssumme von 500 Milliarden US-Dollar erreicht haben. Exxon bilanzierte inzwischen, dass die Sanktionen zu Verlusten von etwa einer Milliarde Dollar führten, allein aus den Rosneft-Verträgen. Schon unter Präsident Obama hatten Tillerson und andere Exxon-Führungskräfte beim Finanzministerium immer wieder um Ausnahmegenehmigungen für Bohrungen in Russland angesucht.

Tiefstaatler zeigen sich alarmiert

Das Finanzministerium hatte zuletzt immerhin eine Verlängerung der bestehenden Genehmigung gewährt, damit Exxon die Erkundungsbohrungen in der Arktis abschließen kann - unter der Bedingung, dass das Unternehmen im vergangenen Oktober seine Mitarbeiter aus dem Projekt zurückzieht. Ein ähnliches Vorgehen scheint Exxon nun im Schwarzen Meer anzustreben.

Wie zu erwarten war, ist bereits jetzt Widerstand aus dem geheimdienstlich-militärischen Komplex zu verzeichnen, der sein Geld damit verdient, Russland als Feindbild und möglichst große Bedrohung erscheinen zu lassen. Senator John McCain, der Vorsitzende des Streitkräfteausschusses und großer Unterstützer der Sanktionen, hat bereits einen Gesetzentwurf eingebracht. Dieser soll Präsident Donald Trump daran hindern, die Sanktionen gegen Russland ganz oder teilweise aufzuheben. Als Reaktion auf Exxons Ausnahmeantrag twitterte er: "Sind sie verrückt?"

Auch der hochrangige Demokrat Adam Schiff, Mitglied im Geheimdienstausschuss, der sich mit der angeblichen russischen Einmischung in die Präsidentschaftswahlen beschäftigt, forderte das Finanzministerium bereits auf, den Antrag von Exxon abzulehnen.