Mit Blut- und Liquortests lässt sich inzwischen schon recht zuverlässig eine Depression oder Schizophrenie nachweisen. Mit ihnen lassen sich auch Risikopersonen bestimmen.
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HONOLULU. Neue Blut- und Liquortests könnten die Identifizierung von Risikopersonen, die Verbesserung der Therapien sowie die Überprüfung von Präventionskonzepten erleichtern. Darauf hat Dr. Sabine Bahn vom Institute of Biotechnology der Universität Cambridge hingewiesen.

Eine frühe Modellerkrankung für die Entwicklung von Biomarkern war neben der Alzheimer-Demenz vor allem die Schizophrenie. Sie gilt als polygene Erkrankung, Genotyp und Phänotyp können differieren. Entsprechend ist bislang kein singulärer spezifischer Faktor für die Labor-Diagnose bekannt.

"Fingerabdruck der Schizophrenie"

Als Konsequenz sucht man heute nach Expressionsmustern verschiedener Proteine und Stoffwechselprodukte im Blut, sozusagen als "Fingerabdruck der Schizophrenie". Für derartige Entwicklungen benötigt man Blut oder Zerebrospinalflüssigkeit von möglichst vielen Patienten, um eine hohe Vorhersagesicherheit zu erreichen.

Mit einem Assay aus zehn Serumproteinen, den Bahn auf dem Kongress der American Psychiatric Association (APA) in Honolulu vorstellte, war eine gute Unterscheidung von ersterkrankten, unbehandelten schizophrenen, depressiven sowie präsymptomatischen und euthymen bipolaren Patienten möglich.

Eine Validationsstudie ergab bei der Diagnose ersterkrankter unbehandelter Schizophrenie-Patienten eine Sensitivität von 85 Prozent und eine Spezifität von 84 Prozent. Dieser Assay wird in den USA inzwischen auch kommerziell angeboten, hat sich aber bei einem Preis von 3000 US-Dollar pro Untersuchung bislang nicht durchsetzen können.

Bisherige Ergebnisse sind ermutigend

Derzeit wird ein Test zur Unterscheidung von schizophrenen, depressiven, bipolaren Patienten sowie Patienten mit anderen psychischen Störungen entwickelt. Die bisherigen Ergebnisse sind nach Angaben von Bahn "sehr ermutigend". Weitere Studien sollen eine frühe Vorhersage ermöglichen, welche schizophrenen Patienten auf welches Medikament ansprechen - und ob sie bestimmte Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme entwickeln werden.

Erste greifbare Erfolge bei der Biomarker-Entwicklung gibt es inzwischen auch bei der Major Depression. Dabei wurden nach Auskunft von Dr. Perry Renshaw von der Universität in Salt Lake City mehrere Biomarker kombiniert, die auf verschiedene neurobiologische Störungsbilder einer Depression hinweisen: die Aktivierung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse, inflammatorische und metabolische Faktoren bis hin zu neurotrophen Prozessen.

Der Bluttest wurde in Studien mit insgesamt 180 depressiven Patienten evaluiert. Dabei wurden eine Sensitivität von 87 Prozent und eine Spezifität von 95 Prozent errechnet.

Biomarker als wichtiges Werkzeug für Diagnose

Die Entwicklung von Biomarkern wird auch beim 2010 gestarteten NEWMEDS-Projekt vorangetrieben, der bislang weltweit größten Kooperation von Pharmafirmen und wissenschaftlichen Einrichtungen. In dem Projekt geht es auch um die Entwicklung neuer Medikamente zur Therapie bei Schizophrenie und Depression.

Biomarker sind dabei ein wichtiges Werkzeug, um die Diagnose der Patienten zu bestätigen und die Subgruppe zu identifizieren, die von dem Medikament am meisten profitieren. "Viele Medikamente scheitern, weil sie hervorragend wirksam sind - aber nur bei 20 Prozent der Patienten", so Bahn.

FDA will neue Richtlinen vorstellen

Wie in der Onkologie sagt sie auch für die Psychiatrie die Zulassung von Medikamenten zur Behandlung bei spezifischen Subgruppen voraus. Für diese Wirkstoffe müsste dann parallel ein passender Biomarker entwickelt werden. Die FDA wird hierzu demnächst neue Richtlinien vorstellen.

Ein wichtiger Aspekt für die Anwendung derartiger Bluttests ist die hohe Patientenakzeptanz. "Die Patienten lieben es. Sie erhalten anhand der Bluttests eine objektive Bestätigung ihrer Diagnose und können auch therapiebegleitend die Fortschritte ablesen", so Bahn.

MUC