Sanktionen, Ölpreisverfall und stärkere globale und systemische Risiken für die russische Wirtschaft machten eine Überarbeitung der Strategie zur ökonomischen Sicherheit nötig. Zuletzt hatte Moskau 1996 eine solche erarbeitet.
Putin
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Der Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin, hat in einem Dekret vom 15. Mai eine erneuerte Strategie seines Landes für ökonomische Sicherheit bestätigt. Die Direktive zielt auf eine Rahmenplanung, die sich bis zum Jahr 2030 erstrecken soll.

Die veränderte Strategie ist angesichts einer veränderten Risikosituation erforderlich geworden. Das Dokument führt auf, welche die aktuell größten Bedrohungen für die russische Wirtschaft sind. Darunter fallen:

Diskriminierende Maßnahmen gegen ökonomische Schlüsselfaktoren; beschränkter Zugang zu ausländischen finanziellen Ressourcen und modernen Technologien; ein gesteigertes Konfliktpotenzial in Russlands wirtschaftlichen Interessensgebieten und nahe seiner Grenzen, darüber hinaus auch noch größere Instabilität im Welthandel und an den internationalen Finanzmärkten.

Das Dokument führt auch allfällige Optionen für Vergeltungsmaßnahmen, sollte es weitere Sanktionen gegen die Russische Föderation geben.

Klare Botschaft: Russland kann sich nicht mehr nur auf Exporte verlassen

Im Text ist selbstkritisch davon die Rede, dass die Öl- und Gasexporte, die über die letzten 15 Jahre hinweg die Grundlage der russischen Wirtschaft gebildet hatten, mittlerweile nicht mehr ausreichen, um eine dauerhafte Wohlstandsentwicklung zu gewährleisten. Putin sprach in seiner Erklärung zur überarbeiteten Wirtschaftsstrategie auch an anderer Stelle den weltweiten Verfall der Ölpreise an. Auch eine Änderung in der weltweiten Struktur der Energienachfrage oder eine Erschöpfung der Ressourcenbasis für die Rohmaterialien zur Ölwirtschaft gehörten zu den Risiken, auf die sich Russland einstellen müsse.

Die Autoren des Strategiepapiers gehen davon aus, dass die Hauptziele bei der Entwicklung des staatlichen ökonomischen Managementsystems vor allem die Verbesserung des Investitionsklimas, das Bremsen von Kapitalabfluss und die Steigerung der Attraktivität des Standorts Russland sein müssen.

Stetige Beobachtung der Ziele

Präsident Putin hat die Regierung angewiesen, Maßnahmen zu treffen, um innerhalb von drei Monaten eine Umsetzung der Strategie zu gewährleisten. Darüber hinaus hat er den Ministern aufgetragen, den aktuellen Zustand hinsichtlich der ökonomischen Sicherheit unter der im Strategiepapier umschriebenen Prämisse zu evaluieren. Sie sollen darüber hinaus die Situation beobachten und jährlich dem Präsidenten über den Grad der Zielerreichung Rechenschaft ablegen. Alle sechs Jahre soll die Strategie überarbeitet werden, so RIA Nowosti.

Ökonomische Strategien fokussieren sich üblicherweise auf Themen wie Wachstum und Entwicklung. Erstmals seit Jahren sah sich die existierende Strategie einem realen Stresstest ausgesetzt. Pawel Sigal, der Vizepräsident der Klein- und Mittelbetriebsvereinigung Opora Rossii, erklärt dazu:
Das letzte Mal, dass die Regierung eine Strategie zur ökonomischen Sicherheit verkündet hat, war 1996. Deshalb war es erforderlich, die neuen Herausforderungen zu erarbeiten, die sich Russlands Wirtschaft stellen.
Technologischer Fortschritt beschleunigt Globalisierung

Sigal erklärte, ökonomische Sicherheit bedeute nicht direkt das Wachstum der Wirtschaft selbst, obwohl diese damit zu tun hat.
Die Strategie des Präsidenten zeigt nur eine ungefähre Richtung an, in welche zu arbeiten ist, während die Regierung einen präzisen Plan entwerfen muss, um den angesprochenen Bedrohungen zu begegnen.
Am Ende werde nun alles von den konkreten Maßnahmen abhängen, die die Ministerien entwickeln, sowie von der Umsetzung derselben für den Fall, dass dies erforderlich werden sollte.

Dass gerade zum jetzigen Zeitpunkt die Strategie zur ökonomischen Sicherheit zum Thema geworden ist, zeigt, dass die russische Wirtschaft die gleichen Bedrohungen wahrnimmt wie die globale Wirtschaft auch.

Stanislaw Nowikow, der leitende Direktor der Bank BCS Ultima, erklärte dazu:
Heute tauchen Krisen in der Weltwirtschaft und Geopolitik auf, es gibt alle Normen über den Haufen werfende Ereignisse wie den Brexit. Mit dem technologischen Fortschritt wird die Globalisierung in der ökonomischen Sphäre in unvermeidlicher Weise gestärkt.
Dies bedeute auf der einen Seite natürlich neue Chancen für Handel und Investments, auf der anderen Seite jedoch auch neue ökonomische und technologische Gefahren.