Weil sie glaubte, einen sexuellen Übergriff mitbekommen zu haben, rief die 40-jährige Justine Ruszczyk die Polizei. Als sie mit einem Beamten redete, wurde sie erschossen.
Police body camera
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Wegen eines mutmaßlichen Überfalls rief eine Frau in der US-Großstadt Minneapolis die Notrufzentrale und wurde von der Polizei erschossen. Die Behörden des Bundesstaats Minnesota leiteten eine Untersuchung zu dem Tod der aus Australien stammenden Yoga- und Meditationslehrerin ein, der in den USA wie in ihrem Heimatland blankes Entsetzen auslöste.

Die 40-jährige Justine Ruszczyk habe geglaubt, dass sich in der Nähe ihres Hauses ein sexueller Überfall ereignet hat und hätte deshalb die Polizei angerufen. Das berichtete ihr Verlobter Don Damond am Montag in der Pressekonferenz. Ihn stört, dass sich die Behörden bislang mit Informationen über den Vorfall zurückhielten. "Wir haben den liebsten aller Menschen verloren und wünschen uns sehnlichst Informationen", sagt Damond.

Nach Angaben der Lokalzeitung Minneapolis Star Tribune habe Ruszczyk ihre Wohnung verlassen und war zu dem eingetroffenen Polizeiwagen gegangen. Durch das Fenster habe sie mit dem hinter dem Steuer sitzenden Beamten gesprochen. Dessen Partner habe vom Beifahrersitz aus auf sie geschossen. Laut Autopsiebericht starb die Frau an einem Bauchschuss.

Am Ort des Vorfalls wurden laut den Behörden keine Waffen gefunden. Damit bestätigten sie Medienberichte, wonach Ruszczyk unbewaffnet war. Betsy Hodges, die Bürgermeisterin von Minneapolis, sei "tief verstört" und habe viele Fragen dazu, wie sich dieser Vorfall ereignen konnte.

"Warum so viele Menschen so viele Fragen" hätten, könne die örtliche Polizeichefin Janee Harteau verstehen. Sie habe viele derselben Fragen und deshalb verlangt, die Untersuchung zu beschleunigen. Unklar war unter anderem, warum die beiden Beamten ihre Körperkameras nicht angeschaltet hatten.

Der Mann, der die Frau erschossen hatte, ist ein 31-jähriger Beamter, der erst im Jahr 2015 in den Polizeidienst eingetreten war. Dessen Anwalt erklärte, sein Mandant nehme den Vorfall "sehr ernst", da der Polizeiberuf für ihn eine "Berufung" sei.


Kommentar: Diese sogenannte Berufung hat man gesehen, indem er eine Unschuldige ermordete.


Erschossene Frau wollte im August heiraten

Ruszczyk lebte seit 2014 in den USA, wie der Sender CNN unter Berufung auf das Umfeld der Frau berichtete. Sie habe zum Zeitpunkt ihres Todes mit ihrem Verlobten zusammengelebt. Das Paar habe im August heiraten wollen.

Hunderte von Trauernden versammelten sich am Sonntag in dem Viertel, in dem Ruszczyk gewohnt hatte, um Aufklärung zu verlangen. Es dürfe nicht passieren, dass "eine Frau um Hilfe ruft und am Ende ermordet wird", sagte Bethany Bradley, eine der Demonstranten.

Bereits im vergangenen Jahr hatte die Polizei in Minnesota mit einem anderen tödlichen Einsatz für landesweite Empörung gesorgt. Der Afroamerikaner Philando Castile wurde bei einer Verkehrskontrolle erschossen. Seine Lebensgefährtin filmte den Vorfall, die Aufnahme wurde live im Online-Netzwerk Facebook übertragen. Der Polizist wurde im vergangenen Juni in einem Strafprozess freigesprochen. Täglich finden seitdem Demonstrationen gegen Polizeigewalt in Minnesota statt.

afp