Die Siemens AG will keine Ausrüstung für Kraftwerke mehr nach Russland liefern. Seine russischen Partner hätten solche entgegen einer geltenden Vereinbarung auf die Krim verbracht. Nun wird den russischen Partnern die Lizenz entzogen.
Siemens
Siemens wird Lizenzvereinbarungen über die Lieferung von Kraftwerksausrüstung mit seinen russischen Partnern beenden, teilte das Unternehmen in einer Stellungnahme auf seiner Homepage am 21. Juli mit. Der Konzern behauptet, dass vier für die südrussische Halbinsel Taman bestimmte Gasturbinen auf der Krim aufgetaucht seien. Dies sei ein klarer Bruch "der vertraglichen Vereinbarungen, des Vertrauens und EU-Regularien", heißt es in der Stellungnahme.

Nun, da die Gasturbinen bereits auf der Krim seien, will Siemens sie zurückkaufen. Dafür muss der ursprüngliche Vertrag annulliert werden, was allerdings erst über den Umweg langwieriger gerichtlicher Verhandlungen möglich wäre. Laut Vertrag dürfte Ausrüstung aus der deutschen Produktion nicht auf der Halbinsel Krim zum Einsatz kommen, da dieses Territorium wegen der im Westen umstrittenen Angliederung an die Russische Föderation in März 2014 durch USA und EU mit Sanktionen belegt wurde. Die Sanktionen sehen erhebliche Handelseinschränkungen mit Russland vor.


Kreml will Angelegenheit nicht kommentieren

Nachdem das Vorfinden der Gasturbinen auf der Krim "glaubhaft belegt" worden war, reichte Siemens in Moskau eine Klage gegen seinen russischen Abnehmer Technopromexport (TPE) ein. Dieser ist Generalunternehmer sowohl für das nie gebaute Kraftwerk auf Taman, für das Siemens insgesamt vier Turbinen geliefert hatte, als auch für die auf der Krim geplanten Projekte.

Gas-Turbinen
© ReutersAus der Ferne betrachtet: Unter der Plane werden umstrittene Gas-Turbinen vermutet. Fotografiert auf der Krim im Hafen Feodosija am 12. Juli 2017.
Die Regierung in Moskau steht hingegen auf dem Standpunkt, dass es sich bei den Turbinen um solche aus russischer Produktion handele, die deshalb keinen Sanktionen unterlägen. Die Turbinen stellte das Unternehmen Siemens Gas Turbine Technologies LLC in seinem Werk in Sankt Petersburg her. Der deutsche Konzern hält 65 Prozent der Anteile an dem Unternehmen, die restlichen 35 Prozent gehören dem russischen Unternehmen Silowyje Maschiny (Kraftmaschinen).

Der Kreml hat den Vorfall nicht kommentiert, der Streit sei das Gegenstand der jeweils an dem Geschäft beteiligten Unternehmen, sagte Präsidentensprecher Dmitri Peskow. Die Energieversorgung der Halbinsel Krim stellt allerdings eine Angelegenheit von strategisch wichtiger Bedeutung dar. Nach mehreren Blockaden von ukrainischer Seite ist die Versorgung der Krim mit Strom und Wasser gefährdet. Nach dem Rückzug der Deutschen aus dem Geschäft sehen Experten in Deutschland dieses Vorhaben als erheblich erschwert.

"German Angst" als Ratgeber

Die Siemens AG verspricht in ihrer Stellungnahme, Geschäfte mit russischen staatlich regulierten Unternehmen zu "überdenken". Der Konzern macht derzeit zwei Prozent seiner Gewinne mit Russland-Geschäft und ist an mehreren großen Infrastruktur-Projekten wie dem Bau von Hochgeschwindigkeitszügen beteiligt.

Das Portal DWN sieht hinter der Dramatisierung der so genannten Krim-Affäre die Angst der Deutschen vor drohenden US-Sanktionen. Bei US-Gerichten laufen derzeit milliardenschwere Verfahren gegen mehrere deutsche Großkonzerne.

Im russischen Energieministerium hofft man derweil auf eine Beruhigung im Krim-Streit. Die Inbetriebnahme des ersten Blocks des Wärmekraftwerks werde durch Rückzug der Deutschen nicht gefährdet und fristgerecht im ersten Quartal 2018 erfolgen.

Der Duma-Abgeordnete Michail Scheremet, gleichzeitig Mitglied des Ausschusses für Energetik und ehemaliger Vize-Premier der Krim-Regierung, hält den Skandal um die Turbinen für aufgebauscht. Die Position von Siemens sei durch den Druck von außen bedingt.
Leider kommt es wieder zu einem weiteren Versuch der Erpressung gegen unser Land", sagte er der Nachrichtenagentur RIA Nowosti. "Die Situation wirkt besonders befremdlich, weil die westlichen Politiker, die so genau auf die Krim-Turbinen schauen, seinerzeit keinen Finger gerührt hatten, als die Ukraine im November 2015 auf der Krim den Strom abgeschaltet hatte und die Halbinsel einer Energieblockade unterzog", fügte er hinzu.