Investoren klagen über Kosten für Sondierung der Flächen - Grundstücke liegen brach. Seit der Änderung der Kampfmittelverordnung müssen Eigentümer selbst zahlen

Die Ziele des Senates sind ehrgeizig: 6000 Wohnungen sollen pro Jahr gebaut werden. Doch zu oft kommt den Investoren die Vergangenheit in die Quere: Sie müssen jedes neue Grundstück auf Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg untersuchen - die Kosten dafür tragen sie selbst: Seit der Neuregelung der Kampfmittelverordnung vor gut fünf Jahren sind Grundeigentümer dazu verpflichtet, zuvor hatte die Stadt diese Kosten übernommen. Dadurch sind inzwischen manche Bauvorhaben gefährdet.

Da die aktuellen Wohnungsbauvorhaben vor allem aus Gründen der Infrastruktur auf die zentralen Standorte zielen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, eine Verdachtsfläche zu erwerben. Das bestätigt der Hamburger Entwickler Peter Jorzick, dessen Firma Hamburg Team für gleich drei Grundstücke die Sondierer kommen lassen musste - jeweils für sechsstellige Beträge. Allein für das Projekt in Altona an der Seefahrtsschule, wo Hamburg-Team und die Architekten von Gerkan, Marg und Partner aus dem Schulgebäude und Neubauten gemeinsam ein Projekt entwickeln, kostete der Blick in den Untergrund des rund 7000 Quadratmeter großen Areals über 200 000 Euro.

Ursprünglich hatte der CDU-Senat mit der Neuregelung 1,2 Millionen Euro einsparen wollen. Der Beschluss fiel bereits 2003. Der CDU-Abgeordnete Karl-Heinz Warnholz hatte damals erklärt: "Die Wiederaufbauphase Hamburgs nach dem Zweiten Weltkrieg ist nunmehr abgeschlossen." Doch nun sind alle Flächen, die 1945 unbebaut waren, verdächtig. Nach Aussage von Experten kann die Untersuchung leicht 30 Euro oder mehr pro Quadratmeter Grundstücksfläche kosten. Wird eine Bombe gefunden, liegt deren Entschärfung weiter bei der Feuerwehr. Basis der Spurensuche sind vor allem Luftbilder. Sie zeigen, wo einst die Bomben fielen. Es kann aber auch geschehen, dass ein Grundstück, das vor 15 Jahren als unverdächtig eingestuft wurde, heute durch neue Luftbilder als Verdachtsfläche gilt.

Experten kritisieren nun, für die Eigentümer - die die Neuregelung von Anfang an kritisiert hatten - bedeute die Sondierungspflicht ein Investitionshindernis. So stehen inzwischen große Flächen von Billbrook, eigentlich sehr gefragte Gewerbe- und Industrieareale, unter Kampfmittelverdacht. Jüngst war dort der Verkauf eines 40 000 Quadratmeter großen Grundstücks gescheitert, weil womöglich unter einem Neubau der 90er-Jahre ein Blindgänger liegen könnte.

Natürlich müsse die Sicherheit garantiert werden. Aber Hamburg habe ganze Quartiere nach dem Krieg aufgebaut, ohne jeden Zentimeter des Untergrunds zu untersuchen, so ein Experte. Entwickler Jorzick fordert dringend eine "Sondierung mit Augenmaß". Der Hafenmakler Adolf Zelle weiß von einer ganzen Reihe gescheiterter Grundstücksverkäufe, die wegen der Sondierungs- und Entsorgungskosten scheiterten. Vor allem Bereiche wie Billbrook und Hamm-Süd seien betroffen. Am Ende lägen die Flächen brach. Zelle sagt, es gebe unter Eigentümern aus dem Umfeld des Hafens Überlegungen, ob sie nicht mit einer Sammelklage gegen die Neuregelung vorgehen sollten.

Die Sondierung der Verdachtsflächen hat sich für die Eigentümer zu einem Investitionshindernis, für die Tiefbauunternehmen aber zu einem Millionengeschäft entwickelt. Seit Einführung der Neuregelung hatten sich viele Erdbaufirmen eigene Beseitigungsfirmen zugelegt. Intern werden sie als "Goldgrube" bezeichnet.