Plattentektonik
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Der einzigartige Kontinentaldrift der Erde ist offenbar älter als bisher gedacht. Das Wandern und Aufschmelzen von Krustenplatten könnte schon vor 3,5 Milliarden Jahren in vollem Gange gewesen sein - darauf deuten nun Analysen von Titan-Isotopen in Gesteinen hin. Die Plattentektonik wäre demnach mindestens 300 Millionen Jahre älter als bislang angenommen, wie Forscher im Fachmagazin Science berichten. Wodurch die Drift jedoch in Gang kam, ist noch immer rätselhaft.

Die Erde ist der einzige Planet im Sonnensystem mit einer aktiven Plattentektonik: Ständig entsteht neue Kruste entlang der mittelozeanischen Rücken und wird an den Kontinenträndern wieder in die Tiefe gedrückt und aufgeschmolzen. Erst durch dieses Gesteins-Recycling entstand einst aus der vorwiegend mafischen, eisen- und magnesiumreichen Erdkruste die erste kontinentale Kruste der Urerde. Sie besteht vorwiegend aus sogenannten felsischen Silikatmineralen wie Feldspat und Quarz.


Kommentar: Vor einigen Jahren wurden auch auf dem Mars Anzeichen von Plattentektonik entdeckt.


Rätsel des Anfangs

Doch so allgegenwärtig die Plattentektonik heute ist, so rätselhaft sind ihre Anfänge. Denn wodurch die Plattentektonik auf der Urerde in Gang kam, ist bisher unbekannt. Einige Forscher halten Mantelplumes für den Auslöser, andere sehen sich akkumulierende Schäden in der Urkruste für die Ursache.

Ebenso unklar ist, wann die Kontinentaldrift begann. Urzeitliche Einschlüsse in Diamanten deuten auf einen Beginn vor rund drei Milliarden Jahren hin, während ein Zirkon-Mineral aus Grönland sogar für einen Anfang der Drift vor bis zu 3,2 Milliarden Jahren spricht.

Titan als Gesteinsanzeiger

Doch jetzt haben Nicolas Greber von der University of Chicago und seine Kollegen Indizien für einen noch früheren Beginn der Plattentektonik aufgespürt. Für ihre Studie nutzten sie eine neue Methode der Rekonstruktion: Sie analysierten und verglichen Titan-Isotope in 78 Schiefergesteinsproben, deren Alter bis auf 3,5 Milliarden Jahre zurückgeht.

Das Clou daran: Die Urkruste der Erde und die heutigen ozeanischen Krusten enthalten einen geringeren Anteil des schweren Isotops Titan49 als die siliziumreiche kontinentale Kruste. "Indem wir diesen Anteil messen, können wir daher Rückschlüsse ziehen auf den Anteil der mafischen oder felsischen Gesteine in der damals freiliegenden Kruste", erklären die Forscher. Je mehr schweres Titan enthalten ist, desto kontinentaler war das Gestein bereits.

Überraschend konstant

Das überraschende Ergebnis: Entgegen den Erwartungen gab es keinen abrupten oder deutlichen Wechsel in den Isotopenanteilen - auch nicht vor rund drei Milliarden Jahren, dem vermuteten Beginn der Plattentektonik. Stattdessen waren die Titan-Werte über die gesamten vergangen 3,5 Milliarden Jahren fast konstant und stiegen nur ganz leicht und stetig bis heute an, wie die Forscher berichten.

Noch spannender aber: Von Beginn an war der Anteil an Titan49 deutlich höher als in der heutigen ozeanischen Kruste. "Das lässt sich nur erklären, wenn die damals an Land freiliegende Kruste bereits hauptsächlich aus felsischen Gesteinen bestand", konstatieren Greber und seine Kollegen. Doch diese felsische Kontinentalkruste kann nur durch Aufschmelzen der mafischen Urkruste in Gegenwart von Wasser entstanden sein.

Subduktion schon vor 3,5 Milliarden Jahren?

Ihre Existenz schon vor 3,5 Milliarden Jahren könnte daher auf eine bereits aktive Plattentektonik hindeuten. "Wir schließen daraus, dass die Plattentektonik und die Subduktion ozeanischer Kruste schon vor 3,5 Milliarden Jahren existierte, wahrscheinlich sogar noch früher", sagen die Forscher. Denn dies sei die wahrscheinlichste Erklärung für eine so frühe Präsenz felsischer Gesteine auf der Urerde.

Noch allerdings bleiben einige Fragen offen. Darunter auch, warum andere Forscher Indizien für eine vorwiegend mafische Kruste noch vor drei Milliarden Jahren gefunden haben. Wer hier Recht bhält, muss sich nun noch zeigen. Weiterhin rätselhaft bleibt auch, wie und warum die Erdkruste damals überhaupt in Bewegung geriet.

Quelle: Scinexx