In mehr als 30.000 Fällen sollen Apotheken Rezepte mit Medikamenten abgerechnet haben, die sie gar nicht abgegeben haben. Apothekerverbände weisen die Schuld zurück: Sie sehen die Schuld bei der AOK und den Pharmaherstellern.
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© 2011 Alexander Stein/JOKER

Deutsche Apotheken haben nach Darstellung der AOK bundesweit im großen Stil Rezepte falsch abgerechnet. Insgesamt dürften mehrere Tausend Apotheken Medikamente zulasten der Allgemeinen Ortskrankenkassen abgerechnet haben, die gar nicht auf dem Markt gewesen seien, teilte der AOK-Bundesverband am Freitag in Berlin mit. Was an die Patienten stattdessen abgegeben worden sei, könne anhand der Rezepte nicht nachvollzogen werden. "Die AOK prüft derzeit die Vorfälle und wird entsprechend die zuständigen Staatsanwaltschaften einschalten", fügte der Sprecher hinzu.

Nach Angaben der AOK wurden allein im Juni mehr als 30.000 Fälle bekannt, in denen Rezepte mit einem derzeit nicht auf dem Markt befindlichen anderen Medikament bedruckt und abgerechnet wurden. Eine akute Gesundheitsgefahr für Patienten bestehe aber nicht, wenn es sich bei den tatsächlich abgegebenen Medikamenten um wirkstoffgleiche Präparate handele. Das Präparat müsse aber insbesondere aus Gründen der Arzneimittelsicherheit zwingend auf dem Rezept vermerkt werden.

Bei den bekanntgewordenen Fällen handelt es sich der AOK zufolge möglicherweise "um die Spitze eines Eisberges". Derart falsch abgerechnete Arzneimittel fielen im Normalfall nicht auf. Der Stein sei ins Rollen gekommen, weil in einem Fall das aufgedruckte Medikament nachweislich noch nie am Markt verfügbar gewesen sei, der Hersteller aber trotzdem Rechnungen für den gesetzlich festgelegten Großhandelsrabatt erhalten habe.

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) wies die Kritik zurück. Der AOK-Bundesverband verunsichere "wider besseren Wissens" die Öffentlichkeit und versuche, eigene Fehler zu kaschieren. Eigentliches Problem seien die Rabattverträge der AOK mit Pharmaherstellern, erklärte die ABDA. Einige Hersteller, die einen Zuschlag von der AOK erhalten hätten, seien noch immer nicht lieferfähig. "Das heißt faktisch: Die Apotheke ist verpflichtet, ein Medikament abzugeben, das nicht existiert." Trotzdem hätten die Apotheken zigtausende AOK-Patienten in dieser Lage versorgen müssen. "Das haben die Apotheken getan und haben wirkstoffgleiche Arzneimittel gesucht, abgegeben und damit den Patienten versorgt."