Da die modernen Waggons wegen Kupplungsbruch repariert werden mussten, setzt die Deutsche Bahn wieder alte Züge auf der Strecke nach Sylt ein
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© pa/Carsten Rehder/dpa
Verspätungen, Zugausfälle, überfüllte Waggons: Seitdem die Deutsche Bahn die Strecke nach Sylt übernommen hat, herrscht Chaos. Nun haben 600 Pendler aus Protest einen Zug blockiert. Stundenlang ging nichts.

Es war eine vollmundige Ankündigung: Die Fahrzeit von Hamburg-Altona nach Westerland-Sylt würde um 20 Minuten verkürzt, wenn die Deutsche Bahn die Strecke im Dezember 2016 übernimmt. Ein knappes Jahr später können Reisende froh sein, wenn überhaupt ein Zug fährt. Es wird beschwert, diskutiert, versprochen. Trotzdem gab es auch in den vergangenen Wochen bis zu 14 Zugausfälle pro Tag.

Am Mittwoch eskalierte nun die Situation: Wie zuerst das Nordfriesland Tageblatt berichtete, haben Hunderte Demonstranten die Strecke blockiert. Rund 600 Personen versammelten sich in Klanxbüll - dem letzten Festlandbahnhof vor dem Hindenburgdamm - und hinderten den Regionalexpress um 7.12 Uhr an der Abfahrt, um ein Zeichen gegen das Verhalten der Bahn zu setzen.

"Der Zug war leider zu kurz für die vielen Menschen", kommentierte der Sprecher der Pendlerinitiative, Achim Bonnichsen, die Aktion mit Ironie in der Stimme. "Die Türen konnten sich nicht schließen und der Zug daher leider nicht weiterfahren."

Wie eine Sprecherin der Deutschen Bahn bestätigte, war die Verbindung zwischen Insel und Festland drei Stunden lang gesperrt. Erst um 10.22 Uhr konnte wieder ein Zug aus Westerland abfahren. Die Sprecherin rechnete damit, dass es bis zum Abend zu Verspätungen kommen werde. Betroffen davon sind auch Fahrten mit den Autozügen ab Niebüll.

Erst Kupplungsbruch, dann kaputte Lokomotiven

Im Schnitt sind 19.000 Reisende pro Tag auf der 240-Kilometer-Route unterwegs; aufgrund der hohen Immobilienpreise auf Sylt befinden sich unter ihnen viele Pendler, die auf der Insel arbeiten, aber auf dem Festland leben.

Doch Technikprobleme erschweren den Arbeitsweg. Das war schon vor dem Betreiberwechsel Ende 2016 so. Loks und Wagen gehörten dabei dem Land Schleswig-Holstein, standen jedoch wegen technischer Probleme nicht zur Verfügung.
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© Achim BonnichsenHunderte Demonstranten drängten sich auf dem Bahnsteig in Klanxbüll
Die Nord-Ostsee-Bahn (NOB) hatte 90 Waggons vorübergehend stilllegen müssen, weil Kupplungen gebrochen waren. Seitdem werden deutlich ältere Modelle eingesetzt, mit engen, nicht barrierefreien Einstiegen.

Zusätzlich gab es Defekte an den zwei Jahre alten Bombardier-Lokomotiven. Alle 15 müssen gegenwärtig auf Öllecks, verstopfte Rußpartikel, Kühlwasserverluste und Softwarefehler überprüft und gegebenenfalls repariert werden.

"Auf dieser Strecke wird es nie richtig glattlaufen"

"Es gibt ein Dauerproblem auf der Strecke", räumt Dennis Fiedel, Pressesprecher des Nahverkehrsverbunds Schleswig-Holstein (Nah.SH), im Gespräch mit der WELT ein. Die Technikprobleme ließen sich nicht wegdiskutieren.

Allerdings würden die Reparaturen gut vorangehen: Mittlerweile seien zwölf der 15 modernen Personenzüge wieder im Einsatz. Die Wartungsarbeiten an den Lokomotiven würden sich dagegen noch bis September 2018 hinziehen. In der Zwischenzeit dürfen Pendler mit ihren Regionaltickets auch den Intercity am Nachmittag nutzen.

"Wir werden alles tun, was wir tun können. Aber man muss ehrlich sein: Auf dieser Strecke wird es nie richtig glattlaufen", so Fiedel weiter. Zum einen, weil sie teilweise nur eingleisig ausgebaut sei. Zum anderen, weil sie von zwei Autozuganbietern mitgenutzt wird. "Es können nur vier Züge pro Richtung pro Stunde fahren", sagt Fiedel. "Ein hängen gebliebener Autozug zerstört den Fahrplan für den ganzen Tag."

Die Pendler-Initiative will indes nicht lockerlassen und weitere Aktionen durchführen, bis die Bahn die Zugprobleme dauerhaft behoben hat. "Sylt ist der drittgrößte Wirtschaftsfaktor in Schleswig-Holstein", sagt Bonnichsen. "Wir wollen den Druck auf die Landesregierung und Nah.SH weiter erhöhen. Dafür werden wir alle legalen Mittel nutzen."