versteinerter Ur-Baum
© PNASSo sieht ein versteinerter Ur-Baum aus.
Bäume und Wälder - seit Jahrmillionen bilden sie ein buchstäblich herausragendes Element der Natur. Nun haben Forscher Einblicke gewonnen, wie die ältesten Vertreter der Bäume strukturiert waren, die vor etwa 390 Millionen Jahren die ersten Wälder der Erde formten. Sie besaßen demnach bisher unbekannte Strukturen im Stamm: Die ältesten aller Bäume bildeten das komplizierteste Holz, das jemals auf der Erde gewachsen ist, berichten die Paläo-Botaniker.

Es war eine revolutionäre Entwicklung im Erdzeitalter des Devon: Aus vergleichsweise kleinen Pflanzen entwickelten sich die ersten baumartigen Gewächse mit einem Stamm und einer Krone, die sich Meter über den Erdboden erhob. Dieses Konzept erwies sich als enorm erfolgreich: Die Ur-Bäume breiteten sich aus und die Erde wurde schließlich zu einem bewaldeten Planeten. In der Folge stieg auch der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre und es entstanden Bedingungen, die den weiteren Verlauf der Evolution prägen sollten.

Fossile Ur-Bäume im Fokus

Die Innovation wurde von den Cladoxylopsida eingeleitet: Diese Pflanzengruppe brachte die ersten baumartigen Strukturen hervor. Funde dokumentieren, dass ihr Stamm an der Basis einen Durchmesser von bis zu einem Meter erreichte. Über die Details des inneren Aufbaus dieses damals neuen Pflanzenorgans war bisher allerdings nur wenig bekannt. Dies hat sich nun durch die Studie der Forscher um Chris Berry von der Cardiff University geändert. Ihre Untersuchungen basieren auf erstaunlich gut erhaltenen Fossilien von Cladoxylopsiden-Stämmen aus China, die ein Alter von etwa 374 Millionen Jahren besitzen. In ihnen sind Feinstrukturen erhalten geblieben, welche die Forscher mit modernen Untersuchungsmethoden genau unter die Lupe genommen haben.

Die Analysen offenbarten dabei vor allem, wie das sogenannte Xylem der Ur-Bäume aufgebaut war. Es handelt sich dabei um die Leiterbahnen, die auch bei den heutigen Vertretern der Bäume dafür verantwortlich sind, Wasser von den Wurzeln zu den Zweigen und Blättern zu leiten. Bei den meisten heutigen Arten bildet das Xylem einen Zylinder im Stamm aus, zu dem Jahr für Jahr eine neue Wachstumsschicht hinzukommt. Dies ist unter anderem verantwortlich für die Bildung der berühmten Jahresringe. Bei bestimmten Baumarten, insbesondere Palmen, wird das Xylem aber auch in Strängen gebildet, die im Stamm verteilt in weicheres Geweben eingebettet sind.

Eine Sammlung von Minibäumen bildete den Stamm

Wie die Analysen der fossilen Baumstämme nun ergaben, besaßen die Cladoxylopsiden hingegen ein bisher unbekanntes System: Die ältesten aller Bäume bildeten zwar ebenfalls hunderte von Xylem-Strängen aus, sie saßen aber nur in den äußeren fünf Zentimetern unter der Oberfläche, während die Mitte des Stammes hohl war. Die dünnen Stränge waren dabei durch Querverbindungen zu einem feinen Leitungsnetz miteinander verknüpft. Anstatt beim Wachstum einen Ring im Randbereich des Stamms auszubilden, wuchsen die Stränge wie eine große Sammlung von Minibäumen, erklären die Forscher. Durch die Zunahme der Größe jedes einzelnen Stranges nahm dann der Durchmesser des ganzen Stamms im Laufe der Zeit zu.

Auch für die Ursache eines weiteren charakteristischen Merkmals der Cladoxylopsiden haben die Forscher nun eine Erklärung. Die verbreiterte knollenförmige Basis ihrer Stämme entstand durch den Druck des eigenen Gewichts: Das Gewebe quoll im Zuge des Wachstums an der Basis nach außen. Trotzdem konnten die skurrilen Gewächse sich stabilisieren und in die Höhe und Breite wachsen.

"Wir kennen aus der Erdgeschichte keine anderen Bäume, die so komplex strukturiert waren", resümiert Berry. "Das wirft die Frage auf: Warum waren die ältesten aller Bäume auch die kompliziertesten?" Vielleicht werden weitere Funde nun bald Einblicke in dieses Mysterium geben können. Außerdem wollen Berry und seine Kollegen einer Frage nachgehen, die mit einem aktuellen Thema verknüpft zu sein scheint: dem Klimawandel. Sie möchten Informationen sammeln, wie viel Kohlenstoff die Ur-Bäume aus der Atmosphäre aufnehmen konnten und wie dies das Klima der Erde im Zeitalter des Devon veränderte.

Quelle: Martin Vieweg für bild der wissenschaft