In Australien testet Facebook eine Funktion, um die Verbreitung von Nacktbildern zu verhindern: Nutzer sollen dem Konzern ihre intimen Fotos einfach vorsorglich schicken.
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Wie sorgt man am besten dafür, dass die eigenen Nacktfotos auf keinen Fall in fremde Hände geraten? Kaum jemand würde darauf wohl antworten, dass man solche Bilder am besten Facebook zur Verfügung stellen sollte. Doch in Australien lädt der Konzern seine Nutzer ein, genau das zu tun.

Wie die "Australian Broadcasting Company" (ABC) berichtet, will Facebook auf diese Weise die Verbreitung sogenannter Rachepornos eindämmen. So nennt man es, wenn erzürnte Ex-Partner intime Fotos ihrer Verflossenen im Netz verbreiten, um sie zu verletzen und bloßzustellen. Facebook arbeitet hierzu mit einer australischen Regierungsbehörde zusammen, wie die Behörde selbst im Netz mitteilt.

Wer die Veröffentlichung eigener Nacktfotos verhindern will, soll diese Fotos der Behörde zufolge einfach über den Facebook-Messenger an sich selbst schicken. Nachrichten an sich selbst senden können Nutzer, indem sie ihren Namen im Messenger-Chat suchen. Aus den Bildern werde dann eine Art digitaler Fingerabdruck erzeugt, ein sogenannter Hash. Wenn künftig ein anderer Nutzer versucht, das fragliche Bild auf Facebook oder Instagram hochzuladen, würde es anhand dieses Hash-Wertes erkannt und der Upload verhindert, heißt es.

Die Technologie dahinter ist nicht neu

Dieselbe Technologie kommt auf Facebook bereits zum Einsatz, unter anderem, um die Verbreitung terroristischer Inhalte zu verhindern. Dabei arbeitet der Konzern mit Twitter, Microsoft und YouTube zusammen. Die Unternehmen nutzen eine gemeinsame Datenbank aus digitalen Fingerabdrücken von Bildern und Videos mit Terrorismusbezug, wie Facebook in seinem Blog berichtet. Wenn solche Inhalte auf einer der Plattformen schon einmal entfernt worden sind, sollen sie dank dieser Datenbank nicht erneut hochgeladen werden können.

Schon jetzt können Nutzer bereits geteilte mutmaßliche Rachepornobilder an Facebook melden. Wie das Unternehmen in seinem Blog erklärt, werden die Meldungen von Mitarbeitern überprüft und gegebenenfalls dem Upload-Filter hinzugefügt.

Kann Facebook die Nacktbilder sehen?

Das Besondere am digitalen Fingerabdruck ist, dass sich auf dessen Grundlage keine Bilder rekonstruieren lassen, wie ABC berichtet. Die Hash-Datenbank bestehe also nicht aus intimen Fotos. Widersprüchlich sind die Medienberichte aber in Bezug auf die Frage, wie die Nacktbilder geschützt werden, bevor Facebook den Hash erzeugt.

ABC zitiert eine Sprecherin der australischen Behörden, wonach die Nacktbilder verschlüsselt übertragen werden. Demnach könnte kein anderer Mensch die intimen Bilder sehen. Das würde aber bedeuten, dass Nutzer die Hash-Datenbank von Facebook nach Belieben mit Bildern füttern können, deren Upload künftig unterdrückt werden würde - auch wenn diese Bilder gar nicht privat sind oder ihnen gar nicht gehören.


Kommentar: Beim nächsten Facebook-Hack sind dann wahrscheinlich Millionen Nacktbilder online.


Im britischen Guardian erklärt ein Facebook-Sprecher die Sache mit den Nacktbildern etwas anders. Demnach würden Mitarbeiter von Facebook durchaus Zugang zu den eingereichten Fotos bekommen. Die Dateien würden zur Erstellung des digitalen Fingerabdrucks sogar für kurze Zeit gespeichert, heißt es weiter.

Ob Facebook-Mitarbeiter dabei möglicherweise doch einen Blick auf intime Aufnahmen werfen können, geht daraus nicht klar hervor. Facebook hat auf eine Anfrage des SPIEGEL bislang nicht reagiert.


Kommentar: Hier ist ein Update vom originalen Artikel:

Update, 09. November: Inzwischen hat ein Facebook-Sprecher dem Tech-Blog "Motherboard" bestätigt, dass die eingereichten Nacktfotos von Mitarbeitern des Konzerns gesichtet werden. Demnach würde eine kleine Gruppe speziell geschulter Mitarbeiter eine unscharfe Version der Nacktbilder zu Gesicht bekommen. Die unscharfen Bilder würden zudem für eine nicht näher genannte Zeit gespeichert.


Auch andere Anbieter wollen Nacktbilder schützen

Vor dem Versand ihrer Nacktbilder sollen australische Nutzer zudem auf der Website der dortigen Behörde für Internetsicherheit ein Online-Dokument ausfüllen. Wer sich diskret vor Bloßstellung im Netz schützen möchte, müsste folglich sogar bei einer öffentlichen Behörde Daten hinterlassen.

Im Oktober hatte bereits eine iOS-App namens "Nude" Datenschützer auf den Plan gerufen. Die Entwickler der App versprachen im App Store, die Foto-Bibliothek des Nutzers nach Nacktbildern zu durchsuchen und diese in einem geschützten Bereich des Smartphones oder Tablets abzulegen.

Mehrere Sicherheitsforscher äußerten dem Tech-Magazin Mac & i zufolge Bedenken an der Sicherheit der mutmaßlich geschützten Nacktfotos. Sie verwiesen darauf, dass die App möglicherwiese Daten mit fremden Servern austausche. Mittlerweile ist "Nude" nicht mehr im App Store verfügbar, berichtet Mac & i .

Löschanspruch in Deutschland

Nach deutscher Rechtslage verstößt die Verbreitung von sogenannten Rachepornos übrigens gegen das Persönlichkeitsrecht der Dargestellten. Der Bundesgerichtshof hat 2015 klargestellt , dass Ex-Partner außerdem einen "Löschanspruch" haben.

Demnach können sie nach der Trennung voneinander verlangen, intime Bilder zu löschen - jedenfalls, wenn die "Einwilligung in die Anfertigung und Verwendung der Aufnahmen auf die Dauer der Beziehung [...] beschränkt" gewesen ist.

mei