Missbrauchsvorwürfe New York Metropolitan Opera Direktor James Levine
Der langjährigen musikalischen Direktor James Levine der renommierten New York Metropolitan Opera
Auch die klassische Musikszene wird von Missbrauchsvorwürfen erfasst: Die renommierte New York Metropolitan Opera hat ihren langjährigen musikalischen Direktor James Levine suspendiert. Er soll zu Beginn seiner Karriere Minderjährige missbraucht haben.

Es ist ein gewaltiges Beben für die Welt der klassischen Musik. Die weltberühmte Oper wollte die Missbrauchsvorwürfe gegen James Levine, ihren Stardirigenten für mehr als vier Jahrzehnte, zunächst erst prüfen.

Doch keine 24 Stunden nach dieser Ankündigung ist Levine suspendiert, alle geplanten Aufführungen mit ihm am Pult sind zunächst abgesagt.

Drei Fälle

Peter Gelb, der Geschäftsführer der Metropolitan Opera sagt, es sei eine Tragödie für jeden, dessen Leben davon in Mitleidenschaft gezogen werde. Das sind zunächst die mutmaßlichen Opfer.

Die New York Times hat inzwischen Beschuldigungen von drei Männern vorgelegt - alle drei seien noch Teenager gewesen, als Levine sie zu sexuellen Handlungen veranlasst haben soll (Bill Clinton in neuen Sex-Skandal verwickelt).

Und dann ist da der Beschuldigte selbst: eine Ikone der Welt der Klassik, eine Säule der Metropolitan Opera. Zeitweise war er zudem Chefdirigent der Münchner Philharmoniker und Musikdirektor in Boston. Er ist heute 74 Jahre alt, leidet an Parkinson - ist jedoch zugleich immer noch als Dirigent emeritus für die Met aktiv.

1960er- bis 1980er-Jahre

Eigentlich sollte er an Silvester Puccinis Tosca dirigieren und in den kommenden Monaten zwei weitere Produktionen leiten. All das liegt nun vorerst auf Eis. Die Met prüft mit Hilfe einer Anwaltskanzlei die Vorwürfe, die die 1960er bis 1980er-Jahre betreffen.

Warten auf die Ergebnisse wollte man aber offenbar nicht mehr - in einer über Twitter verbreiteten Erklärung heißt es: Die Met habe sich entschieden, jetzt zu handeln.

In einem Fall wurde vergangenes Jahr Anzeige erstattet. Die Polizei ermittelte, man habe dann aber weiter nichts mehr gehört, verteidigt sich Met-Chef Gelb.

Nicht nur die Musikkritikerin Anne Midgette von der Washington Post stellt jetzt Fragen zum Opferschutz.

"Ging es der Oper darum, ihn zu schützen? Das wird jetzt untersucht. Sie wissen seit mindestens einem Jahr von den Vorwürfen. Aber sie kümmern sich erst jetzt darum, wo sie öffentlich wurden."

James Levine selbst habe die Vorwürfe damals als vollkommen falsch zurück gewiesen. Bislang hat der Sprecher des Dirigenten auf die jüngsten Entwicklungen noch nicht reagiert.

Johanna Fiedler, ehemaliger Pressechefin der Met, hat in ihrem Buch Molto agitato über die Met bereits 2001 die Gerüchte aufgegriffen (Kunstbetrieb ein Underground-Netzwerk für Pädophile: Michael Jackson und die scheinheiligen Medien).

Ganz ähnlich also wie bei dem ersten großen Prominenten-Skandal um sexuellen Missbrauch, bei dem Film-Produzenten Harvey Weinstein und weiteren Hollywood-Schauspielern (Die dunkle Seite von Walt Disney (Videos)), reibt man sich die Augen, warum nicht schon früher etwas geschehen ist. Klassik-Expertin Anne Midgette im Interview mit dem Sender NBC:

"Der Traditionalismus dieses Gebiets führt dazu, alles ruhig halten zu wollen. Das fördert die Veröffentlichung von dergleichen nicht."