Ich sehe Russen Überall
Die Hexenjagd, auch bekannt als Russiagate, ist gerade auf ein neues Tief gesunken. In einem Brief an den Anwalt von Charles C. Johnson, dem Chefredakteur von GotNews, verlangte der Geheimdienstausschuss des US-Senats von Johnson, ihnen Zugang zu all seinen Kommunikationen zu gewähren, von jeder Person die er kennt oder von dem er weiß oder glaubt dass er ein Russe ist oder russische Vorfahren haben könnte.

Sie haben das richtig gelesen. Nicht nur eine russische Nationalität zu besitzen reicht dem Ausschuss für eine Verdächtigung. Und selbst russische Vorfahren zu haben ist noch nicht genug (denn schließlich sind die Nachfahren der Russen, die der Revolution vor einem Jahrhundert entflohen sind, ja alle Agenten Putins). Nein, jeder, von dem Johnson gar irgendeinen Grund hätte anzunehmen, dass er ein wenig dieser "betrügerischen" russischen Gene in sich trägt, ist Freiwild.

Wann haben wir den Planeten Erde verlassen und sind in Orwells Alptraum eingetreten?

Selbst linksgerichtete Journalisten sind entsetzt - und das sollten sie auch sein. Michael Tracey hat den Brief, der am 19. Dezember gesendet wurde, auf Twitter veröffentlicht.


Es folgt die Übersetzung der obigen Twitter-Nachricht von Tracey (Post 1) über den Brief des Anwalts für den Geheimdienstausschuss des US-Senats (Post 2):
Post 1: Jeder von "russischer Abstammung" ist nun ein potentielles Ziel für den Geheimdienstausschuss des Senats [Link].

Post 2: Hier ist die E-Mail, in der ein Topanwalt des Geheimdienstausschusses des Senats darlegt, dass "russische Abstammung" eine Person für Ermittlungen interessant macht [Link]
E-Mail:

Robert,

ich habe versucht in Ihrem Büro anzurufen, damit wir reden können. Ich habe Ihrem Assistenten eine Nachricht hinterlassen. Die Klausel, über deren Verkürzung wir diskutierten, stellte klar, dass die Phrase aus dem Brief des Ausschusses vom 27. Juli, "Russische Personen", so gelesen werden könne, dass sie sich auf Personen beziehe, von denen Herr Johnson weiß, dass sie von russischer Nationalität oder Abstammung sind oder von denen er Grund hat, das zu glauben.

Mit dieser zuvor besprochenen Klarstellung - erwägt Ihr Klient eine freiwillige Bereitstellung von Dokumenten und der Teilnahme an einem nicht-öffentlichen Mitarbeiter-Interview?

Danke -

April
GotNews schreibt:
Die Anfrage bezieht sich auf einen Brief vom 27. Juli 2017, der von Johnson forderte, dem Ausschuss seine Kommunikationen mit "russischen Personen" zu übermitteln. Die Anfrage fährt mit der Definition dieser Worte fort: "Personen, von denen Herr Johnson weiß, dass sie von russischer Nationalität oder Abstammung sind oder von denen er Grund hat, das zu glauben."

Tracey merkte an, dass durch die Anvisierung jeder Person russischer Abstammung der Ausschuss Menschen auf Grundlange eines "angeborenen ethnischen Merkmals" verfolgt, was ernsthafte ethische und rechtliche Fragen aufwirft:


Übersetzung:

Post 1: Jeder von "russischer Abstammung" ist nun ein potentielles Ziel für den Geheimdienstausschuss des Senats [Link].

Post 2: Die Quintessenz ist, dass der Ausschuss explizit ein angeborenes ethnisches Merkmal -- "Russische Abstammung" -- als Grundlage seiner Untersuchung zitiert.
Matt Taibbi vom US-Magazin Rolling Stone bezeichnet es als "Wahnsinn". Er weist darauf hin, dass es nahezu drei Millionen Menschen "russischer Abstammung" in den USA gibt:

Übersetzung:

Wahnsinn. Das sind nur über drei Millionen Menschen oder jeder hunderte Amerikaner. [Link]
Glenn Greenwald von The Intercept hat ebenfalls über den Brief getwittert, wobei er überzeugt davon ist, dass es sich nicht um ein Versehen handelt; es ist ein absichtlicher Versuch, Russen als Volksgruppe ins Visier zu nehmen:


Übersetzung:

Post 1: Traceys Interpretation ist falsch. Der Ausschuss bittet um Informationen vor allem spezifisch über "russische Personen", die irgendwie am Wahlprozess beteiligt waren, nicht über alle Russen. Die Sprache "Nationalität oder Abstammung" war eine Klarstellung darüber, was genau eine "russische Person" sein soll.

Post 2 (Antwort von Greenwald): Genau. Wenn sie also alle Kommunikationen mit "russischen Personen" wollen und sie es so definieren, dass sie damit jeden "mit russischer Nationalität oder russischer Abstammung" meinen, dann bedeutet das per Definition, dass sie alle Kommunikationen mit jeglicher Person "russischer Abstammung" wollen. Deshalb haben sie es auf diese Weise definiert.
Das ist totaler Wahnsinn. Doch James Clapper wird wahrscheinlich glücklich darüber sein. Er kennt die Wahrheit: alle Russen sind heimtückische, betrügerische und lügende Kriminelle .

Lässt diese Aussage Ihnen die Nackenhaare zu Berge stehen? Das sollte es. Ersetzen Sie "Russen" einfach mit "Juden" oder "Schwarze" und schauen Sie, welche Emotionen und Gedanken hochkommen.

Zu einer Zeit, in der offener Rassismus gegen weiße Menschen nicht nur weitverbreitet sondern als faires Spiel akzeptiert wird, ist es keine Überraschung, dass offener Rassismus gegen Russen ebenfalls selbst an den best-eingestellten Rassismus-Detektoren vorbeischlüpft.

Und es ist nicht bloß passive Akzeptanz. Wenn Sie Russe sind, bleiben Sie auf der Hut. Sollten Sie je mit Charles Johnson korrespondiert haben, gehen Sie davon aus, jetzt gekennzeichnet zu sein und auf einer Liste zu stehen.

Und für den Rest von uns: sollen wir jetzt etwa damit beginnen, unsere Dostojewski-Romane zu verbrennen, oder...?