kim jong un moon jae in cross border
Die Staatsoberhäupter von Nord- und Südkorea verblüfften die Welt, als sie am Freitag ein neues Zeitalter des Friedens zwischen ihren seit langem geteilten Staaten erklärten. Aber diese bemerkenswerte Wendung Washington zuzuschreiben, würde eine gefährliche Botschaft senden.

Zu behaupten, dass die Situation auf der koreanischen Halbinsel mit halsbrecherischer Geschwindigkeit in Bewegung geraten ist, wäre eine ordentliche Untertreibung. Noch vor wenigen Monaten hielt die Welt den Atem an, als Pjöngjang eine weitere Reihe von Sanktionen durch die USA als "Kriegshandlung" scharf kritisierte. Im Hintergrund des Vorfalls stand Donald Trump, bewaffnet mit einem unersättlichen Ego und einem sehr aktiven Twitter-Account, willig helfend, die Spannungen bis zum Siedepunkt zu treiben.

Die Stimmung dieser Woche hätte nicht gegensätzlicher sein können: Weiße Tauben und regenbogenfarbene Einhörner stiegen vom Himmel hinab auf die koreanische Halbinsel und brachen in Singen und Tanzen aus.

Wenige hätten sich den historischen Moment vorstellen können, der sich vor ihren Augen abspielte: Kim Jong-un spaziert Hand in Hand mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in durch die militärische Sperrzone und ist damit das erste nordkoreanische Staatsoberhaupt seit 65 Jahren, das südkoreanischen Boden betritt. Und das war nur der Anfang der Wundertüte politischer Überraschungen, die der April bereithielt. Kim und Moon legten nach, indem sie sich verpflichteten, Atomwaffen auf der koreanischen Halbinsel abzuschaffen und sie versicherten, im Laufe diesen Jahres einen Friedensvertrag zu unterzeichnen.

Die beiden Koreas befinden sich quasi seit 68 Jahren im Kriegszustand, da seit Beendigung des Korea-Krieges (1950-1953) nie ein offizieller Friedensvertrag geschlossen wurde.

Und jetzt, wo Frieden auf der koreanischen Halbinsel einzieht, wem wird der Verdienst für diese historische Entwicklung angerechnet?

Richtig, derselben globalen Supermacht, die bis vor kurzem wie ein Schulhof-Bully mit Kim Jong-un umsprang und ihn zwang, entweder in die direkte Konfrontation mit der überwältigenden amerikanischen Militärmacht zu gehen, oder aber die Luken dicht zu machen und die Verteidigung des Landes auszubauen.

Kim Jong-un entschied sich für letztere Lösung. Und es scheint, er hat gewonnen. Zumindest für den Augenblick.

Nichtsdestotrotz hat sich eine westliche Zeitung, The Telegraph, aus dem Fenster gelehnt und erklärt, eine Friedensnobelpreis-Nominierung von Donald Trump zu unterstützen - für seinen Verdienst, die Korea Krise entschärft zu haben.

"Der diesjährige Friedensnobelpreis sollte dem amerikanischen Staatsoberhaupt zukommen, das es endlich einmal verdient hat: Donald Trump", schrieb das britische Boulevardblatt in einem wenig subtilen Seitenhieb auf Barack Obama, den letzten Amerikaner, der die Trophäe einsacken konnte. "Wenn Donald Trump erfolgreich ist, wird er die gefährlichste Krise unserer Zeit entschärft haben."

Gibt es wirklich Argumente den USA, die seit über einem Jahr ein nervenzehrendes atomares Chicken Game mit Pjöngjang spielen, anzurechnen, dass sie die koreanische Zeitbombe zur Detonation gebracht haben? Persönlich denke ich, dass die historische Einordnung der Ereignisse nicht nur grundsätzlich falsch ist, sie ist schlicht und einfach gefährlich, entschuldigt sie doch die absolut leichtsinnige Vorgehensweise der Trump-Regierung als Methode zur Krisenbewältigung.

Sehen wir der Wahrheit ins Gesicht: Niemand hätte vorhersagen können, wie der nordkoreanische Führer, der genauso egoistisch und unberechenbar wie Trump zu sein scheint, reagieren würde, als er nicht nur mit amerikanisch geführten Marinemanövern vor der Küste konfrontiert war, sondern zusätzlich auch noch die volle verbale Breitseite des US-Oberbefehlshabers abbekam. Wie dieses wunderbare Beispiel aus dem heißen Monat August 2017: "Nordkorea sollte besser keine weiteren Drohungen gegenüber den USA äußern - wir werden mit Feuer und Zorn antworten, wie die Welt es nie zuvor gesehen hat."

Nordkorea mag ja schon vieler Dinge beschuldigt worden sein, aber langsames Lernen gehört sicher nicht dazu. Durch das Wissen, was mit Ländern passiert, denen es an militärischer Stärke fehlt, sich selbst zu verteidigen - nicht zuletzt Irak in 2003 und Libyen in 2011, machte Pjöngjang sich ohne Verzögerung daran, seine Verteidigung auszubauen. Und dies bereits lange bevor Kim Jong-un und Donald Trump über die politische Bühne polterten.

Seit 2006 hat Nordkorea sechs Atomtests durchgeführt, mit der bisher stärksten Sprengkraft im September letzten Jahres. Somit war es nicht der aggressive Ansatz der Trump-Regierung, der Pjöngjang an den Verhandlungstisch brachte. Nordkorea hat sich lange auf den Moment vorbereitet, an dem es sicher, aus einer Position der Stärke in die Verhandlungen zu gehen.

Dieser goldene Moment war im November besiegelt. Als Kim Jong-uns Regierung verkündete, dass sie einen verbesserten interkontinentalen ballistischen Flugkörper (ICBM) gebaut habe, eine Hwasong 15, der im Stande sei "einen sehr schweren Sprengkörper bis auf das amerikanische Festland zu transportieren." Dieser Schritt war eine unmissverständliche Botschaft in Richtung Washington und an die amerikanischen Verbündeten im Pazifikraum, wie Seoul und Tokyo, die sich zunehmend geschwächt zeigten angesichts dieser Zuschaustellung von Feuerkraft.

Dennoch war es nicht Kim Jung-un, sondern Donald Trump und seine Regierung mit ihrer "Big Stick"-Politik, denen die Hauptverantwortung für diesen Ausbruch zugeschrieben wird. Deren Ansatz war untragbar geworden, da die Möglichkeit eines potentiellen Atomkrieges in der asiatischen Pazifikregion zu katastrophal geworden war, um ihn in Erwägung zu ziehen.

Anders gesagt: Der einzig mögliche Weg war nun, sich mit Nordkorea an einen Tisch zu setzen und einen Deal festzuzurren.

Es scheint, als wäre Kim nun zufrieden, dass sein Land in der Lage ist sich selbst gegen etwaige Aggressoren zu verteidigen, die versuchen könnten, dem Land seine Souveränität zu nehmen. Weit entfernt vom tragischen Schicksal, das Irak und Libyen traf, verhandelt Pjöngjang aus einer Position der Stärke und Souveränität.

Mit diesem Wissen scheint es eine unglückliche Lektion zu sein, die so sehr Betonung auf militärische Stärke und Bereitschaft legt, aber das ist es, was die USA viele schwächere Statten zu lernen gezwungen haben. In großer Eile.

Übersetzung aus dem Englischen durch sott.net