Krise mit Ankara wird tiefer - Auch Streit um Gasfeld

Unbestätigte Berichte über eine erniedrigende Behandlung von israelischen und türkischen Flugpassagieren durch die jeweiligen Sicherheitsbeamten in beiden Ländern haben am Montag die diplomatische Krise zwischen Ankara und der Regierung in Jerusalem wegen der Gaza-Hilfsflotte noch tiefer erscheinen lassen.

Zugleich ist in den vergangenen Tagen ein weiterer Konfliktpunkt aufgetaucht: Die Türkei will notfalls mit militärischer Gewalt die Ausbeutung eines großen Gasfelds vor Zypern durch ein amerikanisch-israelisches Konsortium verhindern. "Dafür haben Länder Kriegsschiffe", erklärte Europaminister Egemin Bagis der englischsprachigen Ausgabe der türkischen Tageszeitung Zaman.

Auf dem Atatürk-Flughafen in Istanbul sollen am Montagmorgen rund 40 israelische Passagiere eines Turkish-Airlines-Fluges aus Tel Aviv bei der Ankunft zur Seite genommen worden sein. Polizeibeamte nahmen ihnen die Pässe ab und verhörten sie nach-einander lange, gab das israelische Außenministerium bekannt. Ähnliches berichteten israelische Passagiere, die aus Thailand kommend für einen Zwischenstopp in Istanbul gelandet waren. Eine Frau gab an, sie habe sich bis auf die Unterwäsche entkleiden müssen. Möglicherweise handelte es sich um eine einzelne Entscheidung der Flughafenpolizei. Das türkische Außenministerium untersuchte den Vorfall. Zuvor soll es am Sonntag in Tel Aviv zu denselben langen Verhören türkischer Fluggäste gekommen sein.

Beschwerde bei den Polen

Gegen die von der zypriotischen Regierung beabsichtigen Gasbohrungen in einem 6000 Quadratkilometer großen Areal vor der Küste der Insel legte die türkische Regierung Beschwerde bei der polnischen EU-Ratspräsidentschaft ein. Bereits 2008 erzwang die türkische Marine mit Kriegsschiffen den Abbruch von Untersuchungen des Gasfelds, das wenigstens 300 Milliarden Kubikmeter Erdgas enthalten soll.

Der US-Konzern Noble beginnt Anfang Oktober mit den Probebohrungen. Noble beutet bereits zwei angrenzende Gasfelder in israelischen Gewässern aus. Die israelische Delek-Gruppe beteiligt sich an dem neuen Projekt vor Zypern und übernimmt zunächst 15 Prozent der Kosten für die Bohrungen. Das finanziell angeschlagene Zypern könnte bei einem Erfolg über Nacht zum Energie-Exporteur werden. Zypern selbst hat nur einen Bedarf von jährlich zwei bis drei Milliarden Kubikmeter Gas. Ankara argumentiert, eine Ausbeutung der Vorkommen sei nur gemeinsam mit der türkisch-zyprischen Regierung möglich. Die Türkei hält demnächst Militärmanöver im östlichen Mittelmeer ab.

Markus Bernath aus Istanbul/DER STANDARD