Bei Black-Lives-Matter-Protesten wurde am Samstag ein Mensch in Texas erschossen. In Seattle und Portland kam es zu heftigen Zusammenstößen, der Streit über von Präsident Trump entsandte Bundespolizisten hält an.
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© Marcio Jose Sanchez/ dpaPortland am Samstag: Bundespolizisten feuern Tränengas auf Demonstranten ab
Bei Protesten der Black-Lives-Matter-Bewegung gegen Rassismus wurde am Samstag in der Innenstadt von Austin, Texas, eine Person getötet. Es seien mehrere Schüsse gefallen, dabei sei eine Person tödlich verletzt worden, teilten die Polizei Austin und der medizinische Notfalldienst der Stadt via Twitter mit.

Filmmaterial einer Facebook-Live-Übertragung zeigte, wie eine Gruppe von etwa hundert Menschen marschierte und "Fäuste hoch! Wehrt euch!" skandierte, als mehrere Schüsse fielen. Die Demonstranten rannten daraufhin panisch los, der Filmer ließ sein Handy fallen. Laut Polizei trug ein Verdächtiger ein Gewehr und schoss damit auf das in einem Auto sitzende Opfer. Der Verdächtige sei festgenommen worden.

In der US-Metropole Seattle kam es am Wochenende zu heftigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizisten. Der Nachrichtenagentur AFP zufolge wurden vor einem Jugendgefängnis Bauwagen angezündet, Sicherheitskräfte setzten Blendgranaten und Pfefferspray ein. Die Polizei gab am späten Samstagabend (Ortszeit) auf Twitter die Festnahme von 45 Menschen bekannt.

In einigen Straßen Seattles waren am Samstag kleine Detonationen zu hören, Demonstranten stachen Autoreifen auf und zertrümmerten Fensterscheiben. Polizeichefin Carmen Best sagte laut lokalen Medien, die "Randalierer" hätten keine Rücksicht auf die Sicherheit der Gemeinde und der Polizisten genommen; sie hätten Geschäfte und Eigentum anderer zerstört. Nach Angaben der Seattle Times wurden 16 Menschen wegen Widerstands gegen Polizisten oder Körperverletzung festgenommen.

"Nicht in die Nähe der kleinen grünen Männchen kommen"

Auch in anderen US-Städten wurden die Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt neu entfacht, nachdem Präsident Donald Trump Bundespolizisten zur Durchsetzung von "Recht und Ordnung" entsandte. Demonstrationen liefen unter anderem in Louisville, in New York, Omaha, Oakland, Los Angeles sowie in Richmond. Medienberichten zufolge setzte die Polizei in Richmond, Bundesstaat Virginia, chemische Mittel gegen einen Black-Lives-Matter-Marsch ein.

Zuvor wurden bereits aus dem Bundesstaat Oregon am Samstag Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Polizisten gemeldet. In Portland setzten dabei Sicherheitskräfte - darunter Beamte der Bundespolizei - Tränengas ein und trieben Ansammlungen gewaltsam auseinander. Portlands Polizei zufolge wurde ein Mann durch Stiche schwer verletzt. Demonstranten hätten den mutmaßlichen Täter festgehalten, bis die Polizei ihn festgenommen habe. Das schwer verletzte Opfer kam ins Krankenhaus.

"Mir gefällt nicht, was Trump tut", sagte Mike Shikany, ein 55-jähriger Demonstrant aus Portland. Er wolle "nicht in die Nähe der kleinen grünen Männchen kommen", sagte der Luft- und Raumfahrtingenieur und meinte damit die von Washington geschickten Bundespolizisten. Videos in sozialen Netzwerken zeigten, wie Bundesagenten in paramilitärischen Uniformen gegen Demonstranten vorgehen.


Kommentar: Trump möchte für Sicherheit sorgen, da sonst die Lage weiter deeskaliert.


Der Generalinspekteur des US-Justizministeriums hatte am Donnerstag eine Untersuchung zum Eingreifen der Bundespolizei angekündigt. Ein Bundesrichter in Oregon kassierte am Freitag jedoch eine Weisung des Bundesstaats ein, nach der Bundespolizisten an der Festnahme von Demonstranten nicht mehr beteiligt sein sollten.

Bürgermeister wehren sich gegen Trumps Truppen

Auch in Portland hatten die Proteste als Reaktion auf den Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Einsatz weißer Polizisten begonnen. Anfang Juli flauten sie zunächst ab. Als in der vergangenen Woche aber bekannt wurde, dass Trump entgegen dem Willen der örtlichen Behörden Bundespolizisten in die Stadt entsandt hatte, verstärkten sich die Proteste wieder und richteten sich zunehmend gegen den von Trump angeordneten Einsatz.

Unter dem Druck sinkender Umfragewerte setzt Donald Trump auf eine rigorose "Law and Order"-Politik ("Recht und Ordnung"). Mit Blick auf Schusswaffengewalt bezeichnete der US-Präsident die Proteste als "bei Weitem schlimmer als Afghanistan" und Portland als Hort der Anarchie. Er kündigte vor einigen Tagen an, Bundespolizisten in "von Gewaltkriminalität heimgesuchte" Städte zu entsenden, obwohl sich mehrere Bürgermeister vehement dagegen wehren.

So warnte Portlands Bürgermeister Ted Wheeler vor einer Eskalation der Lage; die paramilitärischen Einheiten würden sich nicht ausweisen und Demonstranten in nicht gekennzeichnete Lieferwagen sperren. Seattles Bürgermeisterin Jenny Durkan sagte: "Es ist beängstigend, dass Bundesagenten für politische Zwecke eingesetzt werden." Trump nehme gezielt von Demokraten regierte Städte ins Visier, so Durkan laut Seattle Times.

Demokraten und antirassistische Demonstranten werfen Trump vor, er wolle mit seiner rabiaten Rhetorik und mit paramilitärischen Einheiten seine Anhänger für die Präsidentschaftswahl im November mobilisieren. Zugleich wolle er von seinen Fehlern in der Coronakrise ablenken. In den Umfragen liegt Trump derzeit deutlich hinter seinem Rivalen Joe Biden von den Demokraten.

jol/afp/Reuters