Aufruhr in Thessaloniki: In der griechischen Hafenstadt geht die Polizei massiv gegen Bewaffnete vor, die gegen das Sparpaket der Regierung protestieren. Es gibt bereits Dutzende Festnahmen. Tausende Demonstranten kamen am Abend zu einer Rede von Ministerpräsident Papandreou.
Demo Griechenland - Polizeibrutalität
© Reuters

Thessaloniki - Krawalle in Thessaloniki: Mit Tränengas ist die Polizei in der nordgriechischen Stadt am Samstag gegen mit Leuchtpistolen, Steinen und Stöcken bewaffnete Demonstranten vorgegangen. An den Protesten gegen die Sparmaßnahmen der Regierung nahmen nach offiziellen Angaben rund 25.000 Menschen teil. Ministerpräsident Georgios Papandreou hielt in der Hafenstadt am Abend eine Rede zur Wirtschaftslage .

Geplant waren allein in Thessaloniki mindestens sieben Protestmärsche. Zu den Organisatoren gehören die zwei größten griechischen Gewerkschaften, Studenten, Taxifahrer und Fußballfans. Am Samstagvormittag waren bereits 2000 Menschen zu einer friedlichen Demonstration in der Hauptstadt Athen auf die Straße gegangen. "Wir haben nichts, wir zahlen nichts, wir verkaufen nichts, wir haben keine Angst", hieß es auf dem größten Spruchband der Veranstaltung.

Am Abend spitzten sich die Proteste zu: Vermummte und Autonome mischten sich unter friedliche Demonstranten und warfen Steine, Feuerwerkkörper und andere Gegenstände. Wie ein Sprecher der Polizei sagte, wurden mehr als 60 Personen festgenommen. Mindestens zwei Menschen wurden bei den Zusammenstößen verletzt.


Kommentar: Könnte hier vielleicht etwas Ähnliches vorgehen wie kürzlich in London oder Chile, um nur einige wenige Beispiele zu nennen, wo bei ursprünglich friedlichen Demonstration plötzlich durchgedrehte, gewalttätige Personen auftauchten und so interessanter Weise der Polizei und den Massenmedien den Anlass gaben, gegen die "bösen Aufständler" massiv vorzugehen und ihre Taten zu verurteilen?


Griechische Konjunktur bricht ein

Während vor der Tür wütende Bürger demonstrierten, warnte Ministerpräsident Giorgos Papandreou in seiner traditionellen Rede zum Ende der Sommerpause vor einem Nachlassen bei den Sparanstrengungen. Alles andere als die "strikte Erfüllung unserer Verpflichtungen" sei "gefährlich für das Land und seine Bürger". Papandreou reagierte damit auf die in den vergangenen Tagen in der Eurozone geäußerte Kritik an den schleppenden Sparbemühungen Athens. Er sagte, er werde entscheidende Reformen vorantreiben und das schuldengeplagte Land vor dem Bankrott retten.

Das Kongresszentrum, in dem Papandreou die Rede hielt, war weiträumig abgesperrt worden. Knapp 7000 Polizisten waren im Einsatz, um mögliche Ausschreitungen zu verhindern. Zu der Demonstration hatten die sogenannten Empörten ("Aganaktisméni") aufgerufen, die ein Ende der "Politik der Armut und der Arbeitslosigkeit" fordern. Am Samstagvormittag waren bereits 2000 Menschen zu einer friedlichen Demonstration in der Hauptstadt Athen auf die Straße gegangen.

Unterdessen wurde bekannt, dass die Regierung in Athen einen noch stärkeren Wirtschaftseinbruch als bislang angenommen befürchtet. "Die Prognose war im Mai minus 3,8 Prozent. Jetzt übertreffen wir die (minus) fünf Prozent", sagte der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos am Samstag vor griechischen Unternehmern bei einer Messe-Eröffnung in Thessaloniki. Damit würden auch die Prognosen der EU übertroffen.

Hintergrund der neuen Vorhersagen seien die Sparpolitik der Regierung, aber auch psychologische Gründe, erläuterte Venizelos. Viele Menschen zögen ihr Geld von den Banken ab und investierten es nicht. Investitionen seien aber dringend notwendig. "Wir brauchen jetzt einen Sprung nach vorne. Es ist ein nationales Ziel", sagte Venizelos.

yas/can/dapd/AFP/dpa/AFP