In mehreren Ländern haben Tausende Menschen gegen die Corona-Beschränkungen demonstriert. In London kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei und Dutzenden Festnahmen. Auch in Deutschland, Kroatien, Rumänien und Serbien gab es Proteste.
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Hyde Park, London, 20. März 2021
Europaweit sind bei Corona-Demonstrationen Tausende Menschen auf die Straße gegangen. Viele Regierungen hatten die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie angesichts einer dritten Infektionswelle zuletzt noch einmal verschärft - zum Unmut vieler Bürger.

In London marschierten Tausende Demonstranten am Samstag vom Hyde Park durch das Zentrum der britischen Hauptstadt. Nach dem Ende des Protestmarsches kehrten rund 100 Demonstranten in den Hyde Park zurück, lieferten sich Handgemenge mit Polizisten und bewarfen die Beamten mit Flaschen und Dosen. Bis zum Abend wurden nach Polizeiangaben 36 Menschen festgenommen, die meisten wegen Verstößen gegen die Corona-Auflagen. Durch die "gezielten Angriffe" im Hyde Park seien mehrere Polizisten verletzt worden, erklärte der Londoner Vize-Polizeichef Laurence Taylor. "Es ist völlig inakzeptabel und traurig, dass Polizisten, die mit der Durchsetzung von Regeln beauftragt sind, die uns alle schützen sollen, Opfer solcher gewalttätigen Angriffe werden."

Proteste gegen verschärfte Einreiseregeln nach Deutschland

In Deutschland war es in Kassel zu massiven Auseinandersetzungen zwischen den Demonstranten und der Polizei gekommen. Laut Polizeiangaben waren mehrere Tausend Menschen in der Innenstadt zusammengekommen. Sie missachteten bei einem nicht angemeldeten Demonstrationszug die Anweisungen der Behörden. Nach Angaben der Polizei sind Einsatzkräfte mehrfach angegriffen worden. Es kam zu mehreren Festnahmen und dem Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken.


Auch an der deutsch-französischen Grenze kam es zu Protesten. Dort hatten Hunderte Menschen gegen die verschärften Einreiseregeln nach Deutschland demonstriert. Sie forderten insbesondere eine Abschaffung der Testpflicht für Berufspendler. Nach Polizeiangaben nahmen 600 Menschen an der Demonstration in Sarreguemines im Verwaltungsbezirk Moselle am Samstag teil, die Organisatoren sprachen von 1000 Teilnehmern. Arsène Schmitt, Vorsitzender einer Vereinigung von Grenzgängern aus Moselle, bezeichnete die Einreisebeschränkungen als "unerträglich" und noch "schlimmer" als die Grenzschließung im vergangenen Jahr. "Man macht uns zu Aussätzigen."

Seit Anfang März müssen französische Grenzgänger für eine Fahrt in das angrenzende Rheinland-Pfalz und das Saarland einen weniger als 48 Stunden alten negativen Corona-Test vorlegen. Zudem müssen sie vor jedem Grenzübertritt eine digitale Einreiseanmeldung ausfüllen. Das gilt ausdrücklich auch für die rund 16.000 Berufspendler. Die Einreisebeschränkungen waren verschärft worden, nachdem das Robert Koch-Institut (RKI) den französischen Verwaltungsbezirk Moselle zum "Virusvariantengebiet" erklärt hatte, weil dort die hoch ansteckende südafrikanische und die brasilianische Coronavirus-Variante grassiert.

Bis zu 5000 Demonstranten in der Schweiz

Auch in der Schweiz waren tausende Menschen gegen die Corona-Einschränkungen der Regierung auf die Straße gegangen. Zwischen 3000 und 5000 Demonstranten, die meisten ohne Schutzmasken, beteiligten sich nach Schätzungen von Journalisten vor Ort an der Kundgebung in der Kleinstadt Liestal im Kanton Baselland. Die Teilnehmer zeigten Schilder mit Aufschriften wie "Impfstoffe töten" oder "Lasst euch von Liebe leiten, nicht von Angst". Die Schweizer Regierung hatte am Freitag eine für kommende Woche erwartete Lockerung der Corona-Schutzmaßnahmen abgesagt. Gesundheitsminister Alain Berset begründete die Entscheidung mit der Gefahr einer dritten Coronawelle.

Zudem demonstrierten am Samstag auch Tausende Kroaten und Serben gegen die Corona-Beschränkungen, viele von ihnen ohne Mund-Nasen-Schutz. In Kroatien gingen in der Hauptstadt Zagreb sowie in Osijek und in den Adria-Städten Split, Dubrovnik, und Sibenik die Menschen auf die Straße. In Serbiens Hauptstadt Belgrad füllten die Demonstranten den zentralen Platz der Republik. In Belgrad wie auch im kroatischen Split bezeichneten die Demonstranten die Maskenpflicht als "Tyrannei". In beiden Ländern steigt die Inzidenz der Neuansteckungen mit dem Virus Sars-CoV-2 nach einer deutlichen Talfahrt zu Beginn des Jahres seit Kurzem wieder an. Im stärker betroffenen Serbien erreichte sie am Samstag 503,3 Ansteckungen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen, in Kroatien lag der Wert bei 145,1.

Rechtsextreme demonstrieren in Rumänien

In Rumäniens Hauptstadt Bukarest sowie fünf weiteren Städten demonstrierten Tausende Menschen ohne Mund-Nasen-Schutz gegen Corona-Beschränkungen. In Bukarest sowie im siebenbürgischen Cluj (Kolozsvar/Klausenburg) gehörten prominente Mitglieder der neuen extrem rechten Parlamentspartei AUR zu den Teilnehmern der Kundgebungen. Häufig sichtbar waren auch religiöse Symbole. Viele christlich-orthodoxe Gläubige sind mit den Einschränkungen für Gottesdienste unzufrieden.

In Rumänien besteht landesweit in geschlossenen öffentlichen Räumen und im Freien Maskenpflicht. In Bukarest wurden Gastronomie und Kultureinrichtungen geschlossen, fast alle umliegenden Dörfer sind wegen hoher Inzidenz gesperrt worden. Landesweit lag die Sieben-Tage-Inzidenz am Samstag bei 189,2 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Zuletzt stiegen die Zahlen deutlich an.

Auch in Schweden löste die Polizei mehrere Demonstrationen auf. Sowohl in der Hauptstadt Stockholm als auch in Göteborg und Malmö wurden die Proteste am Samstag von den Beamten gestoppt, weil sie gegen die maximal zulässige Teilnehmerzahl für öffentliche Versammlungen verstoßen haben. Schweden ist in der Corona-Krise einen international vielbeachteten Sonderweg mit relativ lockeren Beschränkungen des öffentlichen Lebens und Appellen an die Vernunft der Bürger gegangen.