Wie fast alle Universitäten verwendet die Universität Kassel die sogenannte geschlechtergerechte Sprache. Das sei angeblich kein Konfliktthema dort. Doch Studenten, die das generische Maskulinum verwenden, können mit Punktabzug und schlechteren Noten bestraft werden.

Campus Universität Kassel
© www.globallookpress.com Uwe Zucchi
An der Universität Kassel ist der Streit um die sogenannte geschlechtergerechte Sprache eskaliert. Ein Student beschwert sich, er sei schlechter benotet worden, weil er in einer Arbeit ausschließlich das generische Maskulinum verwendet und nicht "gegendert" habe, so die Hessische Niedersächsische Allgemeine.

Der 20-jährige Lehramtsstudent Lukas Honemann habe das Gefühl, dass "die Leute auf eine Linie eingeschossen werden", sagte er dem Blatt. Der junge Mann ist zudem Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Kreistag des Landkreises Kassel. Gerade in den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften sei "gegenderte Sprache" mittlerweile "verpflichtend". Die Entscheidung, ob man in seinen Arbeiten gendere oder nicht, solle aber eigentlich freiwillig bleiben.

Teils zögen Dozenten aber sogar dann Punkte ab, wenn einleitend in Fußnoten darauf hingewiesen wurde, dass zwar das generische Maskulinum verwendet wird, damit aber alle Geschlechter gemeint seien.
"Politische Akte dürfen nicht benotet werden. Es entsteht der Eindruck, dass die Leute auf eine Linie eingeschossen werden."
Auf der Webseite der Universität findet sich dazu Folgendes:
"Die Annahme, dass das generische Maskulinum in der deutschen Sprache, d. h. die alleinige Verwendung männlicher Bezeichnungen, alle Geschlechter 'mitmeine', hat sich in zahlreichen wissenschaftlichen Studien als falsch herausgestellt. Wo ausschließlich Männer angesprochen werden, wird letztlich auch ausschließlich an Männer gedacht. Als eine Form geschlechtergerechter Sprache eignet sich das generische Maskulinum daher nicht."
Eine hochschulweit geltende einheitliche, grundsätzliche Regelung zur Verwendung von geschlechtergerechter Sprache gibt es an der Universität Kassel dennoch nicht - auch nicht in Bezug auf Klausuren, Seminar-, Haus- oder Abschlussarbeiten. Im Sinne der Lehrfreiheit stehe es den Lehrenden aber grundsätzlich frei, die Verwendung geschlechtergerechter Sprache als ein Kriterium bei der Bewertung von Prüfungsleistungen heranzuziehen. Die Studenten sind also den Ansichten der Dozenten letztendlich ausgeliefert. Schaut man sich die politischen Einstellungen der Hochschulmitarbeiter an, stehen nicht nur diesbezüglich Konflikte auf der Tagesordnung.

Weiter kann man über die "ge­schlech­ter­ge­rech­te Spra­che" an der Uni Kassel lesen:
"Für Studierende: Ihre Lehrperson bzw. Ihr*e Prüfer*in sollte frühzeitig ankündigen, wenn geschlechtergerechte Sprache als Bewertungskriterium herangezogen wird. Sollten Sie sich unsicher sein, erkundigen Sie sich am besten bei Ihrer Lehrperson. Wenn Sie - unabhängig von Vorgaben - geschlechtergerechte Sprache verwenden möchten, spricht grundsätzlich nichts dagegen."
Die Hessische Niedersächsische Allgemeine, laut der manche Uni-Mitarbeiter nur noch Interviews geben, wenn ihre Äußerungen gegendert wiedergegeben würden, zitiert Sylke Ernst, die Leiterin der Stabsstelle Gleichberechtigung, mit dem Satz:
"Lehrende könnten zum Beispiel in Hausarbeiten Punkte abziehen und so eine schlechtere Note geben, wenn die Geschlechtsbezeichnungen nicht korrekt sind. Dieses Vorgehen wird an der Universität auch nicht als Problem thematisiert."
Frauke Kruckemeyer, Professorin für Landschaftsökologie und nachhaltige Raumentwicklung, findet, es sei
"bedenklich, über eine von außen organisierte formale Maßnahme einen Sprachgebrauch zu reglementieren und darüber zu bestrafen".
Ein Professor, der anonym bleiben will, sagte, das Thema Gendern sei "ein Wespennest". Der Staatsrechtsprofessor Christoph Gröpl aus Saarbrücken mahnte sogar, das Vorgehen der Uni sei womöglich "rechtlich unvertretbar."

Das überrascht auch Walter Krämer wenig, der als Vorsitzender des Vereins Deutsche Sprache bereits seit Jahren gegen die Verunstaltung der deutschen Sprache kämpft. Der seit 1997 existierende Verein kritisierte etwa auch die Stadt Kassel, als das Stadtparlament im Herbst die Einführung der Gender-Sprache im Rathaus der Nordhessen beschloss.

Nicht nur an der Uni Kassel werden Studenten und Mitarbeiter "mit allen möglichen Methoden drangsaliert", so Krämer weiter. Betroffenen, die gegen die Uni klagen wollen, will sein Verein den Prozess finanzieren. Sein Ansinnen setzt er auch im Dienst durch. Wer sich per E-Mail an den Statistik-Professor der TU Dortmund wendet und "gendert", bekommt eine automatisch Antwort-E-Mail:
"Darf ich Sie bitten, mir Ihre Post nochmals in korrektem Deutsch zu schicken? Leider lässt mein Eingangsfilter keine Nachrichten mit Gender* durch."
Auch Prominente wie Richard David Precht meinen:
"Gendergerechte Sprache ist eine der dümmsten Ideen unserer Zeit. Sprache ist kulturelle Heimat für Menschen, Sprache lebt von Tradition. Die Tatsache, dass ich jetzt Mitbürger*innen oder Nationalsozialist*innen sage, macht aus mir keinen besseren Menschen und schafft auch nicht die geringste Form von Gleichberechtigung."
Die deutschen Universitäten vertreten hartnäckig schon seit geraumer Zeit gewisse Narrative, beispielsweise zum Thema "Flüchtlings-" oder "Coronakrise", die angeblich dem vorherrschenden "links-liberalen" Zeitgeist entsprechen und den Meinungskorridor enorm verengt haben. Dagegen gründete sich bereits auch ein Netzwerk zur Wissenschaftsfreiheit.