Ein Knistern, ein Knall, ein Feuer - dann war der Strom in 20.000 Haushalten weg. Nach dem großen Stromausfall in München prüft die Polizei ein Bekennerschreiben von Linksradikalen. Darin werden weitere Anschläge auf die Infrastruktur angekündigt.
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© pa/dpa/Peter Kneffel
Der Stromausfall in München am vergangenen Freitag ist möglicherweise durch den Anschlag einer linksextremistischen Gruppierung verursacht worden. Das geht aus einem Bekennerschreiben hervor, das am Sonntag auf der Online-Plattform "Indymedia" veröffentlicht wurde.

Bekennerschreiben: Hauptziel war Rohde & Schwarz am Ostbahnhof

Die Verfasser des Schreibens erklären, "das Strom- und Glasfasernetz der Stadtwerke im Münchner Osten angegriffen" zu haben. Das Hauptziel der Aktion sei "der Rüstungskonzern Rhode & Schwarz [Schreibfehler im Originalzitat, Anmerk. der Redaktion] am Münchner Ostbahnhof" gewesen. Diesen habe man empfindlich treffen wollen.

Bei Rohde und Schwarz handelt es sich um einen Elektronikkonzern, der Unternehmen und den Staat unter anderem mit elektronischer Mess- und Fernmeldetechnik beliefert. Diese wird etwa bei der Flugsicherung, in der Verteidigung und für die Cybersicherheit eingesetzt. Die Unternehmenszentrale des Konzerns liegt im vom Stromausfall betroffenen Werksviertel.

Tat hatte laut Bekennern auch ökologische Motive

Daneben habe man, wie es in dem Bekennerschreiben heißt, aber unter anderem auch auf den Beschluss zur Abholzung des Forst Kasten reagieren wollen. "Es ist unsere Antwort auf den jämmerlichen Stadtratsbeschluss, den Forst Kasten abzuholzen um dort Kies zu fördern. Die Stadtwerke München betreiben weiterhin ein Kohlekraftwerk in Bogenhausen und den Atommeiler Isar 2. Deshalb werden wir auch in Zukunft ihre Infrastruktur angreifen."

Die Polizei vermutete bereits Brandstiftung und politische Motive, weswegen der Staatsschutz die Ermittlungen in dem Fall übernommen hat. Das Schreiben wird nach Angaben der Münchner Polizei nun auf seine Authentizität und mögliche Herkunft untersucht. Die Abteilung für politisch linksmotivierte Straftaten ermittelt.

Stromausfall dauerte ungewöhnlich lange

In den Stadtteilen Haidhausen, Ramersdorf und Berg am Laim war durch ein Feuer in einer Baugrube in der Nähe des Ostbahnhofs am frühen Freitagmorgen in rund 20.000 Haushalten der Strom ungewöhnlich lange ausgefallen.

Der Grund: Rund 50 Stromkabel der Mittelspannung waren vollkommen zerstört worden. In der Folge fielen etwa 150 Trafostationen aus. Passanten hatten in der Nacht zu Freitag erst ein seltsames Knistern und dann einen Knall gehört. Als die Feuerwehr eintraf, loderten Flammen aus der Grube.

Das Brandbild in der etwa einen Meter tiefen Grube weise auf Brandstiftung hin, hatte ein Polizeisprecher bereits am Freitag mitgeteilt. Genaueres wollte er zunächst nicht sagen, die Analysen der Brandfahnder seien noch nicht abgeschlossen. "Wir sind noch am Anfang der Ermittlungen", betonte der Polizeisprecher. "Wir können zum jetzigen Zeitpunkt keine Angaben machen, ob es Zusammenhänge mit anderen Delikten gibt."

Seit 2019 immer wieder Brandanschläge in München

Es wäre nicht der erste Brandanschlag auf Infrastruktureinrichtungen in der Landeshauptstadt: Die Ermittler sprachen schon im vergangenen Jahr von einer "Serie". Seit November 2019 hatten Unbekannte in München mehrfach Funkmasten, unter anderem des BR, und weitere Infrastruktureinrichtungen angezündet.

Es entstand ein Gesamtschaden von rund 3,6 Millionen Euro. Die Taten ordneten die Ermittler linksextremen Straftätern zu, entsprechende Hinweise in die Szene führten jedoch zu keinen konkreten Personen. Die Ermittlungen wurden deshalb eingestellt.

Stromausfall war am Samstagnachmittag behoben

Nach Angaben der Stadtwerke München (SWM) waren alle Haushalte am frühen Samstagnachmittag nach rund anderthalb Tagen wieder mit Strom versorgt und an das Netz angeschlossen. "Good News des Tages: Grundversorgung für alle Privathaushalte wieder hergestellt", twitterten die SWM.

Die Arbeiten waren in der Nacht durch heftige Regenfälle erschwert worden. Letzte Industrie- und Gewerbekunden sollten aber bis zum Abend folgen. Die Stadtwerke bedankten sich "für die mentale Unterstützung und vor allem die Geduld" und schlossen ihren Post mit "#Münchenleuchtetwieder".