Massenentlassungen in der Nationalbibliothek, Wegfall der Mittel für das wichtige Filminstitut, Kampf gegen Museen und die Auflösung des Kulturministeriums ‒ Argentiniens neuer Präsident Javier Milei hält Kultur für inakzeptablen Luxus und ist dabei, sie zu beseitigen.
Javier Milei Argentinien
© Legion-media.ru Juan Carlos RojasIm Bild: Argentiniens Präsident Javier Milei
Das erste Dekret des neu gewählten argentinischen Präsidenten Javier Milei betraf das Kulturministerium. Unter dem Vorwand, die Zahl der Beamten reduzieren zu müssen, um so die Finanzkrise zu lösen, ordnete er an, die Behörde aufzulösen und ihre Funktionen auf andere Ressorts zu übertragen.

Im März verlangte die Präsidialverwaltung die Entlassung von 120 Mitarbeitern der Nationalbibliothek Mariano Moreno (BNMM), der zentralen Zweigstelle der Nationalbibliothek Argentiniens. Die Angestellten wurden lediglich per E-Mail darüber informiert, dass ihre Verträge nicht verlängert würden. Unter den Entlassenen sind auch legendäre argentinische Bibliographen von internationalem Ruf.

Zudem wurde dem renommierten Nationalen Institut für Kino und audiovisuelle Künste (INCAA), das jährliche Filmfestivals veranstaltet und das argentinische Kino fördert, die Finanzierung gestrichen. Auf diese Weise wird das argentinische Kino zu Grabe getragen, meinen Experten. Während bisher etwa 200 Filme pro Jahr in Argentinien mit staatlicher Unterstützung herausgebracht wurden, wird diese Zahl nun voraussichtlich stark sinken, stellt die Fachzeitung The Art Newspaper fest. Dies scheint jedoch nur der Anfang des Massakers an der argentinischen Kultur unter Milei zu sein ‒ die Regierung verspricht weitere Kürzungen in den kommenden Monaten. The Art Newspaper erzählt:
"Javier Milei, ein ehemaliger Wirtschaftswissenschaftler und aktiver Teilnehmer an Fernsehdebatten, bezeichnet sich selbst als 'Anarchokapitalisten'. Er übernahm das Präsidentenamt, als die Inflation in Argentinien 140 Prozent erreichte und fast 50 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebten. Während seiner Wahlkampagne bezeichnete er die kulturelle Bildung als 'Zeitverschwendung', die Universitäten als 'Zentren der ideologischen Indoktrination' und die wissenschaftliche Forschung als 'Luxus, den sich unser Land nicht leisten kann'."
Eine ähnliche Strategie verfolgte der brasilianische Präsident Bolsonaro, betont man in The Art Newspaper. Auch er hielt Steueranreize für Kultureinrichtungen für eine schlechte Praxis und schaffte das brasilianische Kulturministerium an seinem ersten Tag im Amt ab. Doch kaum war er abgewählt, änderte sich alles wieder ‒ und der neue Präsident Luiz Inácio Lula da Silva stellte das Ministerium wieder her.

Experten sind dennoch der Meinung, dass es Milei nicht gelingen wird, die argentinische Kultur im Keim zu ersticken. Denn einige Kultureinrichtungen werden nicht aus dem Haushalt finanziert, sondern von privaten Stiftungen und anderen privaten Quellen getragen.