Deutschlands Mittelständler haben angesichts steigender Beitragssätze für die Sozialversicherung Alarm geschlagen. Der Verband "Die Familienunternehmer" hat deswegen laut übereinstimmenden Medienberichten einen Brandbrief an die Bundesregierung geschrieben. In diesem fordert Marie-Christine Ostermann, die Vorsitzende des Verbandes, ein "Notfallkonzept", um wieder unter die "rote Linie" von 40 Prozent Lohnzusatzkosten zu kommen.
Die Vorgängerregierungen hatten die 40-Prozent-Marke über viele Jahre halten können. Das änderte sich mit der Ampel. Derzeit zahlen Beschäftigte, die keine Kinder unter 25 Jahren haben, und Unternehmen für Renten-, gesetzliche Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung bereits 41,5 Prozent. Für Ostermann ist diese Belastung bereits jetzt nicht mehr tragbar. Die "ist deutlich überschritten". Weiter heißt es in dem an Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner adressierten Brief:
"Die Unternehmen verzweifeln an den Standortbedingungen."Die Quote für die Sozialabgaben soll sich einer Prognose des IGES Instituts zufolge bis zum Jahr 2030 auf 45,5 und bis 2035 auf 48,6 Prozent erhöhen. Ostermann beklagt:
"Spätestens 2028, also etwa 2,5 Jahre nach der kommenden Bundestagswahl, treibt das von Ihnen zu verantwortende Rentenpaket II die Lohnzusatzkosten auf 44 Prozent hoch."Die Folgen der hohen Abgaben beschreibt die Funktionärin so:
"Insgesamt mussten die Beitragszahler in 2022 die unglaubliche Summe von rund 620 Milliarden Euro von ihren Lohnsummen an die Sozialversicherungsträger bezahlen."Dazu kämen 2025 durch Lohnsteigerungen etwa weitere 17 bis 18 Milliarden Euro hinzu, die Beschäftigten und Unternehmen vom Bruttolohn abgezogen werden. Der Verband stellte diese Belastung ins Verhältnis zu dem von der Bundesregierung gepriesenen "Wachstumschancengesetz". Dieses bringe eine Entlastung von "gerade mal drei Milliarden Euro". "Die Familienunternehmer" weiter:
"Woher soll also das künftige Wachstum kommen, das alle so dringend benötigen?"Die Bundesregierung habe "mit ihrer Sozial- und Gesundheitspolitik die Arbeitskosten in Deutschland auf ein nahezu prohibitives Niveau" verteuert. Setze sich diese Entwicklung fort, würden besonders betroffene Gutverdiener abwandern, andere ihren Ausweg in der Schwarzarbeit suchen - beides zulasten der Sozialsysteme. Die Finanzierung der Sozial- und Gesundheitspolitik der Bundesregierung sei "so instabil wie ein Kartenhaus".
Stefan Schröter, Berliner Landesvorsitzender des Wirtschaftsverbandes, erklärte der Berliner Zeitung, was seinen Verband zum Schreiben des Brandbriefs veranlasste:
"Wir haben den Brandbrief an die Bundesregierung gerichtet, weil wir mit Sorgen auf die wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land blicken und weil nicht nur wir das Gefühl haben, dass die Bundesregierung dieser prekären Situation nicht Herr wird."Der Haushaltsstreit in der Koalition sei dafür der "beste Beweis". Schröter weiter:
"Wir müssen beim Wirtschaftswachstum und bei der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft wieder in die Offensive kommen."Zukunftsinvestitionen blieben aus, weil das Geld in den Sozialstaat gesteckt werde - ohne dabei jemals auszureichen:
"Wir fordern nichts anderes als einen Umbau des Sozialstaates mit Reformen bei den größten Sozialzweigen, damit unsere Beitrags- und Steuerzahler unter den zunehmenden Belastungen nicht zusammenbrechen."Die Folge eines "weiter so" steht für den Lobbyisten fest:
"Am Ende steht die Deindustrialisierung unseres Landes."Auch in dem Brandbrief wird darauf verwiesen, dass die Deindustrialisierung Deutschlands in vollem Gange sei. Bereits heute fließt deutlich mehr Kapital ab, als von ausländischen Firmen in Deutschland investiert wird. Immer mehr deutsche Firmen verlagern ihre Produktion ins Ausland und fahren ihre Investitionen im Inland zurück.
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