Ein brisanter Forderungskatalog von FDP-Chef Christian Lindner an die Koalitionspartner in der Bundesregierung, welcher in die Fänge der "Bild" geriet, sorgt für Aufregung. Demnach sollen zahlreiche Gesetzgebungsvorhaben abgeändert werden. Die Zeitung sieht darin die Koalition potenziell gefährdet.
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Bundeskanzler Olaf Scholz (Mitte), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck (rechts) und Bundesfinanzminister Christian Lindner erscheinen am 5. Juli 2024 bei einer Pressekonferenz zum Haushalt 2025, Berlin
Das Springer-Blatt Bild träumt schon vom Ende der Ampelkoalition: Es ist in Besitz eines Dokuments des Bundesfinanzministeriums unter Führung des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner, in dem dieser Forderungen an die Koalitionspartner SPD und Grüne stellt. Der Inhalt sei eine "Polit-Bombe", bewertet das Boulevardblatt das Dokument in der ihm eigenen infantilen Sprache.

Auch das ARD-Hauptstadtstudio ist laut Tagesschau in Besitz des Papiers. Es lese sich "fast wie ein Gegenentwurf der Opposition zu aktuellen Regierungspositionen", so der Kommentar in einem Bericht auf tagesschau.de. Zuerst hatte das Magazin Stern am Freitag darüber berichtet.

Die Überschrift des 18-Seiten-Papiers lautet "Wirtschaftswende Deutschland", es enthält Forderungen in diversen Politikbereichen. Unter anderem verlangt Lindner ein "Moratorium zum Stopp aller neuen Regulierungen und keine neue Bürokratie", wobei es insbesondere um aktuelle Gesetzgebungsvorhaben der anderen Koalitionäre geht: Tariftreuegesetz, Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, Entgelttransparenzgesetz, Beschäftigtendatengesetz und die arbeitgeberfinanzierte Familienstartzeit.

Das Heizgesetz müsse laut Lindner um fünf Jahre verschoben werden. Gefordert wird in dem Papier ein Ausstieg aus der Subventionierung erneuerbarer Energien und die Abschaffung von "unnötigen klimapolitischen Regulierungen und Subventionen".

Gefordert werden zudem "allgemeine Unternehmenssteuersenkungen", die Abschaffung des Solidaritätszuschlags sowie die Senkung der Körperschaftssteuer:
"Der Handlungsbedarf muss ohne Steuererhöhungen geschlossen werden. Es darf im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld keine zusätzlichen Belastungen geben, die zu einem weiteren Absinken des mittelfristigen Wachstums führen. Vielmehr sollten Investitionen und Wachstum mit der vollständigen Beseitigung der kalten Progression sowie dem Einstieg in die Abschaffung des Solidaritätszuschlags und einer Körperschaftssteuersenkung (...) gestärkt werden."
Außerdem will Lindner, dass Bürgergeldsätze abgesenkt werden.

Die Forderungen, die ohne Zweifel der SPD und den Grünen nicht gefallen können, seien nach Ansicht der Bild so brisant, dass das Blatt ein "Koalitions-Aus in weniger als einem Monat" prophezeit. Bemerkenswert und im Berliner Polit-Journalismus eher unüblich ist dabei, dass das "durchgestochene" Papier vollständig veröffentlicht wird: Es kann auf der Homepage des Springer-Blattes heruntergeladen werden.

Konsequenzen aus der Nichtumsetzung seiner Vorschläge droht Lindner in dem Papier allerdings nicht an. Ist es eine weitere "Denkschrift", die dem Machterhaltungswillen der Ampelkoalitionäre keinen Abbruch tun wird? Weiß die Bild mehr? Hofft die FDP, durch einen vorzeitigen Bruch der Koalition mehr bei etwaigen Neuwahlen zu erreichen, als die drei bis vier Prozent, die ihr derzeit in Meinungsumfragen zugetraut werden? Wetten dürfen abgeschlossen werden.