Der Bruch der Ampel ist da: Bundeskanzler Scholz wird Bundespräsident Steinmeier bitten, FDP-Finanzminister Christian Lindner zu entlassen. Der Kanzler will sich bald zur Lage äußern.
Christian Lindner
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Die Differenzen der Ampel sind nicht mehr zu überwinden, die Koalition ist am Ende: Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen. Das wurde dem SPIEGEL aus Koalitionskreisen bestätigt. Inzwischen hat Regierungssprecher Steffen Hebestreit die Entscheidung ebenfalls mitgeteilt.

Die Bundesregierung kündigte für 21.15 Uhr ein Pressestatement von Scholz im Kanzleramt an. In der Regierungszentrale hatte der Koalitionsausschuss am Abend eine Lösung für den Streit mit Lindners FDP über die Wirtschafts- und Haushaltspolitik gesucht. Auch von Lindner soll es ein Statement geben, es ist für 21.30 angekündigt.

Lindner hatte bei einem Treffen des Koalitionsausschusses im Kanzleramt am Abend Neuwahlen vorgeschlagen. Scholz lehnte dies ab. Hintergrund des Zerwürfnisses sind Differenzen in der Haushalts-, Finanz- und Wirtschaftspolitik.

Scholz verlangte nach SPIEGEL-Informationen von Lindner, die Schuldenbremse auszusetzen. Das lehnte Lindner ab und verwies auf andere Möglichkeiten. Darauf kam es zur Entlassung des Ministers.


Kommentar: Linder hat viele Fehler gemacht, jedoch hatte er immer noch die realistischsten Betrachtungen innerhalb der Regierung, wenn es um die Finanzen ging. Die Wirtschaftskrise ist nicht allein Lindners Schuld, sondern vorrangig die fehlgeleitete Außen- und Sanktionspolitik und Energiepolitik der Grünen und Wirtschaftsminister Habeck.


SPD und Grüne hatten im Vorfeld des Koalitionsausschusses erklärt, eine Einigung zum Haushalt für 2025 sei möglich, wenn der Wille dazu da sei. Die FDP unter Lindner pochte indes darauf, dass ein anderer Kurs in der Wirtschaftspolitik eingeschlagen werden müsse.

Damit ist völlig offen, ob es einen Bundeshaushalt für 2025 geben wird und wie es weitergeht. Die SPD rief für 22.30 Uhr ihre Bundestagsfraktion zu einer Sitzung zusammen. Auch bei der FDP-Fraktion soll es eine Sitzung geben.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird sich am Donnerstagvormittag am Rande eines öffentlichen Termins zu den Vorgängen in der Bundesregierung äußern.

Erfolglose Suche nach Kompromissen

Bei dem Treffen im Kanzleramt waren neben Scholz und Lindner auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), die Partei- und Fraktionschefs der drei Regierungsparteien sowie weitere Spitzenvertreter der Koalition.

Es galt als der vielleicht letzte Versuch, eine Einigung im koalitionsinternen Streit zu erzielen. In den vergangenen Tagen hatte es mehrere Treffen von Scholz, Habeck und Lindner gegeben, um etwaige Kompromisse auszuloten. Diese waren jedoch erfolglos geblieben.

Jüngst hatte ein Papier von Lindner den koalitionsinternen Streit befeuert, in dem er Forderungen für eine »Wirtschaftswende« aufstellte. Viele davon sind für die Koalitionspartner völlig inakzeptabel - es stieß bei SPD und Grünen weitestgehend auf Ablehnung.

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