Prozess gegen korrupten Unternehmer bringt auch Berlusconi wieder in Bedrängnis. Regierungschef präsentiert sich in abgehörten Telefongesprächen als Sexprotz und weigert sich nun, in dem Fall auszusagen.

Silvio Berlusconi
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Sex und lukrative Geschäfte: Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi ist im Rahmen einer Untersuchung über die Callgirls, die in seinen Residenzen verkehrten, wieder arg unter Beschuss geraten. Die Justizbehörden in Bari haben die Ermittlungen rund um den Unternehmer Giampaolo Tarantini abgeschlossen und wollen einen Prozess gegen ihn und weitere sieben Angeklagte beantragen. Die Ermittler überprüften über 100.000 Telefon-Mitschnitte, welche die Zusammenarbeit zwischen Berlusconi und Tarantini hinsichtlich der Vermittlung von Begleitdamen für Partys beim Premier im Jahr 2009 beweisen würden. 30 Frauen seien offiziell in den Fall involviert.

Sex gegen öffentliche Aufträge, lautete Tarantinis Strategie. Die Ermittler vermuten, dass sich der Unternehmer mit der Vermittlung attraktiver Frauen politische Begünstigungen für seine Geschäfte im Gesundheitsbereich sichern wollte. Tarantini war Inhaber einer Gesellschaft, die auf Dienstleistungen im Gesundheitswesen spezialisiert ist. Dies bezeugen auch die abgehörten Telefongespräche, die am Samstag von italienischen Zeitungen ausführlich gedruckt wurden. Die Protokolle der belauschten Telefongespräche belasten Berlusconi stark. Einer der jungen Frauen, die in seinen Villen verkehrten, sagte der Premier: "Ich will die Tage mit meinen Mädchen verbringen. Ich arbeite als Premier in der Freizeit".

Der Medientycoon prahlte in einem Telefongespräch mit Tarantini auch über seine Liebeskünste. Über elf Frauen seien vor seiner Tür gestanden, um mit ihm die Nacht zu verbringen. "Ich habe aber nur mit acht Sex gehabt, mehr konnte ich nicht. Ich bin aber mit meinem Durchhaltevermögen zufrieden", so Berlusconi. Aus den Telefongesprächen geht außerdem hervor, dass Berlusconi, junge Frauen an Bord des Flugzeuges genommen habe, das ihm als Premier zur Verfügung steht.

Der Medienzar reagierte wütend auf die protokollierten Abhörungen der Ermittler. Er habe keinen Grund sich zu schämen und werde nicht zurücktreten, schrieb der Premier in einem Brief an die Tageszeitung "Il Fatto". Er sei mehrere Monate lang ausspioniert worden, protestierte der Premier. Er will jetzt das Parlament drängen, so rasch wie möglich ein sogenanntes "Maulkorbgesetz" zu verabschieden, mit dem Lauschangriffen klare Schranken gesetzt werden sollen.

Das Tauziehen zwischen Premier Berlusconi und den Staatsanwälten eskaliert. Der Ministerpräsident verweigert hartnäckig ein Treffen mit den neapolitanischen Justizbehörden, die in der Erpressungsaffäre um Tarantini ermitteln. Tarantini wird in einer zweiten Untersuchung beschuldigt, vom Premier 850.000 Euro für sein Schweigen über die Beziehungen zwischen dem Regierungschef und den Callgirls erpresst zu haben. Berlusconi will jedoch vor den Ermittlern über den Fall nicht aussagen. Er habe den Justizbehörden ein fünfseitiges Dossier vorgelegt, in dem er bestreitet, Opfer einer Erpressungsaffäre zu sein, sagte sein Rechtsanwalt Piero Longo. Der Premier sei überzeugt, nach Vorlage seines Memorandums nicht mehr persönlich erscheinen zu müssen.

Schon am Dienstag hatte der Medienzar eine Befragung durch die neapolitanischen Staatsanwälte verweigert. Die Staatsanwälte könnten jetzt dem Parlament einen Antrag auf eine zwangsweise Vernehmung Berlusconis stellen.