Tausende blaue Fässer, einige mit der Aufschrift "radioaktiv": Die libyschen Revolutionskräfte haben in einer Militärbasis Roh-Uran, so genannten "Yellow Cake" entdeckt. Die Internationale Atomenergie-Behörde will die Überreste von Gaddafis Atomprogramm jetzt untersuchen.

Revolutionskräfte des Übergangsrates in Libyen haben in einer Militärbasis radioaktives Material entdeckt. Die vormaligen Rebellen fanden in zwei großen Lagern tausende blaue Fässer nahe der Wüstenstadt Sebha. Einige der Bottiche seien mit der Aufschrift "radioaktiv" versehen.

"Wir können bestätigen, dass es an einem Standort nahe der zentrallibyschen Stadt Sabha Fässer mit Yellow Cake (Roh-Uran) gibt", sagte eine Sprecherin der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA). Das unter der Regierung des untergetauchten Machthabers Muammar el Gaddafi dort gelagerte Material sei der IAEA seinerzeit gemeldet worden und werde untersucht, sobald sich die Lage in Libyen stabilisiert habe.

Der US-Fernsehsender CNN hatte am Donnerstag berichtet, Truppen der neuen libyschen Führung seien auf einem Militärstützpunkt bei der Wüstenstadt Sabha auf potenziell radioaktives Material gestoßen. Yellow Cake (gelber Kuchen) sind Uranverbindungen in Form von gelborangefarbenem, grobem Pulver. Es kann in weiterverarbeiteter Form für Atomkraftwerke und in höher angereicherter Form für den Bau von Atomwaffen verwendet werden.

Ein Diplomat aus dem Umfeld der IAEA sagte, dass das uranhaltige Pulver derzeit offenbar nicht angemessen geschützt sei. "Es sollte gesichert werden." Das Material sei nicht bedenklich in Hinblick auf Waffen. Es könne aber ein Umweltproblem entstehen, wenn es verstreut würde, auch wenn es nur schwach radioaktiv sei.

Unter dem früheren Machthaber Muammar al-Gaddafi arbeitete Libyen an einem geheimen Atomwaffenprogramm, das allerdings nicht weit entwickelt werden konnte. 2003 wurde Gaddafi mit internationalem Druck gezwungen, es offen zu legen.

Ein westlicher Diplomat sagte in Wien, einschlägige technische Anlagen und zur Herstellung von Bomben geeignetes atomares Material sei bereits 2009 außer Landes gebracht worden. Libyen habe seinen Vorrat an Yellow Cake behalten, da es keinen Markt für dieses Material gebe.

Die IAEA hatte während der Revolution in Libyen mit Atomexperten am Forschungsreaktor des Landes im Atomforschungszentrum Tajoura bei Tripolis Kontakt gehalten. "Offenbar sind sie noch alle an ihrem Arbeitsplatz. Auf Fragen der IAEA haben sie positiv geantwortet", sagte der Diplomat.