Dresden - Bei Zebrafischen werden nach Hirntraumata verloren gegangene Nervenzellen durch vorhandene neuronale Stammzellen so effizient ersetzt, dass sich größere Gehirnregionen komplett von selbst wiederherstellen. Nun ist es Dresdner Forschern gelungen, die Quelle der wiederhergestellten Nervenzellen zu identifizieren.
Stammzellen
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Schwerwiegende Verletzungen des menschlichen Gehirns, beispielsweise durch Traumata, führen zu einer massiven Zerstörung von Nervenzellen. Der damit einhergehende Verlust der Gehirnfunktion ist dauerhaft, da eine Neubildung von Nervenzellen in geschädigten Gehirnarealen praktisch nicht stattfindet. Im Gegensatz dazu besitzen andere Wirbeltiere, wie Salamander und Fische, die Fähigkeit, große Regionen ihres zentralen Nervensystems, zum Beispiel die Netzhaut, das Rückenmark und das Gehirn, auch nach schwerwiegenden Verletzungen wieder zu erneuern. Obwohl diese erstaunliche Selbstheilungsfähigkeit schon seit den frühen sechziger Jahren an Fischen untersucht wurde, konnte bisher nicht geklärt werden, woher die neu gebildeten Nervenzellen stammen. Forscher des DFG-Forschungszentrums für Regenerative Therapien und des Biotechnologischen Zentrums der TU in Dresden haben jetzt ein neues Modell entwickelt. Dafür wurden neuronale Stammzellen des Zebrafischgehirns und von diesen abstammende neu gebildete Nervenzellen markiert und dadurch sichtbar gemacht.

Normalerweise teilen sich beim Zebrafisch die neuronalen Vorläufer- oder Stammzellen im Außenbereich des Gehirns. Mit einer Kanüle verletzten die Dresdner Forscher die Mitte des Zebrafischgehirns. Dabei werden rund 20 Prozent des Vorderhirns geschädigt. Diese Verletzung würde ein Säugetier nicht überleben. Der Fisch kann die zerstörten Areale jedoch durch neuronale Stammzellen wiederherstellen. Diese neuronalen Vorläuferzellen, sogenannte radiale Gliazellen, beschleunigen ihre Zellteilung und erhöhen damit die Produktion von neuen Nervenzellen, die dann in die Mitte des Gehirns wandern und die verlorenen Zellen im Verletzungsgebiet ersetzen.
Langzeitstudien von mehr als einem Jahr zeigen, dass die regenerierten Nervenzellen permanent im Fischgehirn verbleiben und wahrscheinlich dauerhaft in das neuronale Netzwerk eingebaut werden. Dabei unterscheidet sich der neu entdeckte stammzellbasierte Regenerationsmechanismus grundlegend von dem des Herzens und des Skeletts bei Fischen: Dort entstehen neue Herzmuskel- und Skelettzellen nämlich ausschließlich aus vorhandenen ausgereiften Zellen, die sich in undifferenzierte Entwicklungsstufen zurückbilden und danach mit der Zellteilung beginnen (Dedifferenzierung).

Literatur: Kroehne, V., et al.: Development 2011;138:4831-41; Online: DOI 10.1242/dev.072587