Schlechter Geschmack oder zulässiges Protestmittel? Um sich gegen ihr Bild in den Medien zu wehren, haben sich ultraorthodoxe Juden in Jerusalem wie KZ-Insassen verkleidet und Judensterne getragen. Politiker reagierten mit Entsetzen.
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© Jim Hollander/DPAProtest durch Skandal: Um gegen ihr Bild in den Medien zu demonstrieren trugen ultraorthodoxe Juden in Jerusalem gelbe Judensterne

Das Tragen des gelben Judensterns während einer Demonstration ultraorthodoxer Juden in Jerusalem hat in Israel empörte Reaktionen ausgelöst. Verteidigungsminister Ehud Barak bezeichnete die Aktion nach Angaben des israelischen Hörfunks als "erschütternd und erschreckend". Die Leitung der orthodoxen Juden müsse diesem "unannehmbaren Phänomen" ein Ende bereiten.

Der Leiter der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem, Avner Schalev, sagte im Radio, eine derartige "Verwendung von Symbolen der Schoah" sei "unerträglich". "Das schadet der Erinnerung an die Schoah und den grundlegenden Werten des Judentums", fügte er hinzu. Dahinter stecke eine "extremistische Haltung" und der "offensichtliche Wille zur Provokation".

Mehrere hunderte orthodoxe Juden hatten am Samstag im Jerusalemer Stadtteil Mea Schearim gegen eine ihrer Meinung nach feindselige Berichterstattung über sie in den Medien protestiert. Um ihrem Protest Ausdruck zu verleihen, trugen einige von ihnen den gelben Judenstern aus der Nazizeit und Häftlingskleidung von Insassen der Konzentrationslager während des Holocaust. Zwischenfälle gab es laut Polizei nicht.

Rigorose Trennung der Geschlechter

Das ursprüngliche Ziel der Demonstration von Männern und Jungen in dem ultraorthodoxen Stadtviertel war, gegen die Haftstrafe für ein Mitglied ihrer Gemeinschaft zu protestieren. Diesem war vorgeworfen worden, Angriffe auf einen religiösen Buchladen initiiert zu haben, der den Hardlinern im Stadtteil nicht religiös genug war. Wie die ultraorthodoxe Nachrichtenseite "Kikar Hashabbat" berichtete, sollte der Protest aber vor allem der Verurteilung der negativen Berichterstattung in den Medien über die ultraorthodoxen Juden dienen.

Israelische Medien hatten zuletzt über Vorfälle aus der Stadt Beit Schemesch berichtet, wo es zu Zwischenfällen mit den Haredim genannten ultraorthodoxen Juden gekommen war. Dabei ging es um Vorfälle von Diskriminierung von Frauen. Die Haredim setzen sich für eine rigorose Geschlechtertrennung an öffentlichen Orten ein.

ono/AFP