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Zürich/ Schweiz - Das als "Policing" bezeichnete unparteiische Eingreifen einer Drittpartei in einen Streit anderer galt bislang als rein menschliche Eigenschaft und wurde bei Schimpansen lediglich rein anekdotisch dokumentiert. Primatologen der Universität Zürich können nun belegen, dass auch Schimpansen unparteiisch in einen Streit eingreifen, um die Stabilität ihrer Gruppe zu sichern. Die Forscher um Claudia Rudolf von Rohr sehen in diesem Verhalten eine evolutionäre Vorform von moralisch motiviertem Verhalten.

Wie bei uns Menschen, so ist offenbar ein gutes Konfliktmanagement auch für den Gruppenzusammenhalt unter Schimpansen von zentraler Bedeutung, denn auch hier sorgen Einzelne für Ruhe und Ordnung in ihrer Gruppe und dies nicht für ihren unmittelbaren eigenen Vorteil, sondern um den Frieden in der Gruppe zu wahren. Kurz: Sie zeigen damit prosoziales Verhalten, das auf einem Interesse am Gemeinschaftswohl basiert.

Wie die Forscher beobachten konnten, war die Bereitschaft der Streitschlichter unparteiisch einzugreifen, dann am größten, wenn sich mehrere Streithähne an einem Streit beteiligen - wahrscheinlich, so vermuten sie, weil solche Konflikte für den Gruppenfrieden besonders gefährlich sind.

Für ihre Studie beobachteten und verglichen die Forscher das Verhalten von vier unterschiedlichen nicht freilebenden Schimpansengruppen. Im Gossauer Walter Zoo trafen sie auf besondere Umstände: "Wir hatten Glück, dass wir eine Gruppe von Schimpansen beobachten durften, zu der neue Weibchen stießen und in der zudem die Rangordnung unter den Männchen neu ausgetragen wurde. Die Stabilität der Gruppe geriet ins Wanken. Das passiert auch in der Wildnis", so die Forscherin.

Dabei eigne sich nicht jeder Schimpanse als Schlichter, da vor allem hochrangige Männchen bzw. Weibchen oder Tiere, die großen Respekt in der Gruppe genießen, in Streite eingreifen. Ansonsten würden die Streitschlichter den Konflikt nicht erfolgreich beenden können. Wie bei den Menschen gibt es auch unter Schimpansen Autoritäten. "Das bei uns Menschen hoch entwickelte Interesse am Gemeinschaftswohl, das für unser moralisches Verhalten grundlegend ist, hat tiefe Wurzeln. Es lässt sich auch bei unseren nächsten Verwandten beobachten", schlussfolgert Claudia Rudolf von Rohr.

Quellen: grenzwissenschaft-aktuell.de / uzh.ch