Nach Stuxnet kommt Flame: Russische Computerexperten haben auf Hunderten von Rechnern im Nahen Osten eine hochkomplexe Spionage-Software gefunden. Auch der Iran schlägt Alarm. Über die Auftraggeber lässt sich nur spekulieren.
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© AFPDer Virus Flame trägt die selbe Handschrift wie Stuxnet
Berlin. Anzutreffen ist er vor allem in Iran, Israel und Palästina, Sudan, Syrien und Libanon: Ein neuer Spionage-Virus von einer solchen Größe und Komplexität, dass seine russischen Entdecker mutmaßen, er könne nur im Auftrag einer Regierung entwickelt worden sein. Computer-Experten sprechen von der größten Bedrohung seit der Entdeckung von Stuxnet, dem Computerwurm, dem die Zerstörung von Tausenden von Zentrifugen zur Uran-Anreicherung im Iran zugeschrieben werden.

Anders als Stuxnet programmiert Flame die befallenen Computer aber nicht zu Zerstörungen. Es spioniert sie lediglich aus. "Flame lässt sich als eine der komplexesten Bedrohungen beschreiben, die je entdeckt wurden", erklärte Alexander Gostew von Kapersky Lab in Moskau, das den Virus entdeckt hatte.

"Es ist sehr groß und unglaublich ausgeklügelt. Es stellt eine neue Dimension von Cyber-Krieg und Cyber-Spionage", fügte Gostew in seinem Blog hinzu. Mehr als 600 befallene Rechner bei Privatleuten, Unternehmen, Universitäten und sogar Regierungseinrichtungen seien gefunden worden.

Kann Israel Irans Atomanlagen lahmlegen?

Die neu entdeckte Malware kopiert Dokumente, speichert Screen Shots, registriert Tastenanschläge und schneidet über das eingebaute Mikrofon des Rechners sogar Gespräche im Raum mit. Die gesammelte Information wird dann komprimiert und an den Auftraggeber zurückgeschickt. "Dies ist im Grund ein Industrie-Staubsauger für vertrauliche Informationen", sagte der englische Computerspezialist Alan Woodward von der Universität Surrey dem Radiosender BBC.

Wer dieser Auftraggeber ist, ist schwer zu ermitteln. Die Computerexperten mutmaßen angesichts von Ähnlichkeiten in der Programmierung, es könnte sich um denselben Auftraggeber handeln, der den Virus Stuxnet entwickeln ließ. Der Verdacht hatte sich damals gegen Israel und die USA gerichtet, weil die Regierungen dieser beider Länder eine besonderes Interesse daran haben, das iranische Atomprogramm zu stören.


Kommentar: Und auch erste Meldungen, dass eventuell Obama den Virus Stuxnet "unterstützt" hat.


Iran bestätigt Flame-Befall

Iranische Computerspezialisten bestätigten die Existenz des neuen Computerwurms. Das Computer-Notfallzentrum Maher im Iran erklärte auf seiner Webseite, der neue Virus sei vermutlich für massive Datenverluste verantwortlich. Er trage große Ähnlichkeit zu Stuxnet und könne von keiner der 43 bekannten Virensuch-Programme entdeckt werden.

Zu den Besonderheiten von Flame gehört laut Kapersky auch der riesige Umfang des Programms - die verschiedenen Module nehmen zusammen über 20 MB ein. Gostew schrieb in seinem Blog, dies sei so ungewöhnlich, dass der Virus womöglich gerade deswegen lange unerkannt geblieben sei. Vermutlich seien erste Versionen der Malware bereits seit März 2010 aktiv gewesen. Ist Flame erst auf einem Rechner installiert, kann der Auftraggeber einzelne Module dazu laden, so ähnlich wie die Apps auf ein Smartphone.

Kapersky hatte den neuen Wurm entdeckt, als die Firma im Auftrag einer UN-Organisation nach einem Computervirus suchte, der auf Rechnern im Nahen Osten vertrauliche Informationen löschte.