Gehirn
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Philadelphia (USA) - Neurologen in den USA ist es mittels Hirnscans gelungen, aus den elektrischen Signalen im Hirn spezielle Erinnerungs- bzw. Gedankenmuster herauszulesen, die mit unterschiedlichen erinnerten Worten übereinstimmen. Nachdem es Forschern zuvor schon gelungen war, Bilder, Klänge und kurze Filmsequenzen anhand der Hirnaktivitätsmuster korrekt zu rekonstruieren (...wir berichteten, s. Links), stellt auch der neue Forschungserfolg einen weiteren Schritt hin zum erfolgreichen Gedankenlesen dar.

Wie die Forscher um Professor Michael J. Kahana und Jeremy R. Manning von der University of Pennsylvania gemeinsam mit Kollegen der Thomas Jefferson University aktuell im Fachmagazin "Journal of Neuroscience." berichten, gelang ihnen die genaue Messung der Hirnaktivität durch die Mithilfe von Epilepsiepatienten, denen kurz vor einer bevorstehenden Operation winzige Überwachungselektroden ins Gehirn implantiert worden waren. Mit diesen sind Messungen elektrischer Hirnsignale mit einer Präzision möglich, wie sie durch Elektroden außerhalb des Schädels nicht erreicht werden kann.

Während diese Signale aufgezeichnet wurden, sollten die Testpersonen eine Liste mit 15 zufällig ausgewählten Wörtern erlernen und diese dann eine Minute später in beliebiger Reihenfolge - gerade so, wie sie ihnen in den Sinn kamen - wieder aufsagen.

Während des Auswendiglernens versuchten die Forscher Hirnsignale dem jeweils gelernten Wort zuzuordnen. Später dann, beim Wiederaufsagen der Wörter, entdeckten sie, dass etwa eine Sekunde vor dem Aussprechen des Wortes, das zum jeweiligen Wort passende Signalmuster im Hirn aktiviert wurde. "Da die Teilnehmer zu dieser Zeit die Worte weder sahen, hörten oder laut aussprachen, schlussfolgern wir, dass wir tatsächlich neurale Signaturen der von den Teilnehmern generierten inneren Gedanken gesehen haben", so die Forscher.

Darüber hinaus gelang es den Neurologen sogar durch eine statistische Analyse der Art und Weise, wie und wann diese Muster von de unterschiedlichen Patienten reaktiviert - die Wörter also erinnert - wurden, die Reihenfolge der erinnerten Wörter signifikant vorherzusagen. Hierbei zeigte sich, dass der Grad zu dem die Bedeutung der Signale reaktiviert wurde, die jeweilige Tendenz der Versuchsperson darstellte, Gruppen bedeutungsverwandter Wörter - beispielsweise "Ente" und "Gans" - zu erstellen.

Da die Teilnehmer dazu aufgefordert wurden, die Wörter gerade in jener Reihenfolge aufzusagen, wie sie ihnen in den Sinn kamen, konnten die Wissenschaftler zudem Rückschlüsse auf die Art und Weise ziehen, wie die einzelnen Teilnehmer Wort-Erinnerungen verarbeiten und in ihrem Gedächtnis organisieren.

"Das Signalmuster jedes einzelnen Teilnehmers bildete sozusagen eine Art 'neuralen Fingerabdruck' anhand dessen wir ablesen konnten, wie die Person ihre Erinnerungen und Assoziationen mit den Wörtern organisiert", erläutert Manning.

"Über unsere bisherigen Experimente hinaus könnte die Methode auch dazu verwendet werden, weitere Organisationsformen mentaler Eindrücke zu analysieren", so Manning und führt weiter aus: "Es wäre interessant zu sehen, wie sich beispielsweise Eindrücke von Größe, Textur, Klängen, Geschmack und Örtlichkeiten von anderen unterscheiden. (...) Anhand derartiger Informationen wäre es möglich, ein sehr viel komplexeres Abbild eines fundamentalen Aspekts des menschlichen Verhaltens zu zeichnen."

Während Kritiker vor den Konsequenzen derartiger Technologien warnen, sehen Wissenschaftler nur im Kontext wissenschaftlicher und medizinischer Anwendungen, wenn etwa Gelähmten oder Wachkomapatienten durch das Lesen ihrer Gedanken eine Möglichkeit zur Interaktion mit ihrer Umwelt ermöglicht werden soll.

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Quelle: upenn.edu