Brüssel.Die europäische Betrugsbekämpfungsbehörde Olaf hat ihren bislang größten Coup gelandet: 389 Millionen Euro EU-Gelder sind im süditalienischen Kalabrien zu Unrecht in den Straßenbau geflossen. Dabei ging es vor allem um illegale Vergaben an Subunternehmer und Bilanzfehler. Auf den Rekordbetrug entfällt somit mehr als die Hälfte der 691 Millionen Euro an Rückzahlungen an den EU-Haushalt, die die Olaf-Fahnder im vergangenen Jahr erwirkten. Das geht aus dem Jahresbericht 2011 hervor, den die Behörde gestern in Brüssel vorstellte.

Dank Olaf bekommt der EU-Haushalt jedes Jahr aber etwas zurück. Der Löwenanteil der Rekordrückzahlungen von 2011 stammt aus falsch ausgezahlten Strukturfonds (525 Millionen Euro). Darunter fiel auch die Rekordsumme aus Italien. Auf den Plätzen zwei und drei lagen die Zolleinnahmen (114 Millionen Euro) und die Landwirtschaft (34 Millionen Euro).

Im bisherigen Rekordjahr 2009 bekamen die Fahnder durch die Aufdeckung von Korruption, Schmuggel oder Steuerhinterziehung insgesamt gerade einmal 251 Millionen Euro zusammen. 2010 hat der Wert bei 68 Millionen Euro gelegen. Eine weitere Ursache für das gute Ergebnis ist laut Olaf die vergleichsweise hohe Zahl an abgeschlossenen Fällen, die die Ermittler mehrere Jahre lang beschäftigt hatten. 208 Fälle konnte Olaf 2011 zu den Akten legen und die daraus resultierenden Rückzahlungen in die Bilanz aufnehmen.

Zu einem Fall, der im vergangenen Jahr im Europaparlament für Aufsehen gesorgt hatte, wollte Olaf-Generaldirektor Giovanni Kessler jedoch nichts sagen. Die Korruptionsermittlungen von Olaf gegen vier Abgeordnete laufen noch. Viele Betrüger schummelten bei der Einfuhr von Gütern. So zum Beispiel ein chinesischer Plastiktütenproduzent: Er hatte seinen Tüten den Namen eines anderen chinesischen Herstellers gegeben, der wegen seines hochwertigen Produkts geringere Anti-Dumping-Abgaben beim Export in die EU zahlen muss. Solche Abgaben sollen verhindern, dass die oft sehr günstige chinesische Konkurrenz die europäischen Hersteller unterbietet. Auch andere Hersteller hatten es dem Schwindler im Laufe der Zeit gleichgemacht und sich auf diese Weise Abgaben in Höhe von drei Millionen Euro gespart.

Unzulässig bei Anti-Dumping-Abgaben sparten auch Biodieselbetrüger: Aus den USA importierter Biodiesel unterliegt beim EU-Import ebenfalls Anti-Dumping-Abgaben. Eine indische Firma kaufte den Kraftstoff in den USA. Von Indien aus schickten die Händler ihn mit indischer Herkunftsbezeichnung nach Europa. Allein für Spanien und Belgien entstand ein Verlust von mehr als 32 Millionen Euro.

In einem anderen Fall nahm Olaf zusammen mit deutschen Behörden eine Tabakschmugglerbande hoch. Sie schmuggelte Zigaretten aus Russland und der Ukraine nach Deutschland und Polen. Dort verkauften sie sie auf dem Schwarzmarkt. Rund 6,5 Millionen Euro an Steuern und Zollabgaben entgingen so dem EU-Haushalt.

dpa