Astronomen haben das bislang jüngste sich noch bildende Sternsystem, einen Sternen-Embryo mitsamt einer um diesen jungen Stern kreisenden Gas- und Staubscheibe entdeckt. Ein Stern in einer derart frühen Phase der Sternenentstehung wurde zuvor noch nie beobachtet und kann nun wichtige Informationen über die Entstehung von Sternsystemen wie unseres eigenen Sonnensystems liefern.
entstehendes Sonnensystem
© Bill Saxton, NRAO/AUI/NSFKünstlerische Darstellung des noch jungen Sonnensystems. Der junge Stern "L1527" zieht Material aus seiner Umgebung in eine ihn umgebenden Staub- und Gasscheibe (r.) und erzeugt dabei zugleich Ströme aus nach außen schießendem Material (l.).
Charlottesville (USA) - Wie die Astronomen um John Tobin vom National Radio Astronomy Observatory aktuell und Hsin-Fang Chiang von der University of Illinois und dem Institute for Astronomy an d University of Hawaii im Fachjournal Nature berichten, besitzt der sogenannte Protostern bislang erst ein Fünftel der Masse unserer Sonne, befindet sich immer noch im Prozess der Materialansammlung aus der ihn umgebenden Staub- und Gasscheibe heraus. Möglicherweise wird er eines Tages in etwa die Masse unserer Sonne erreichen. Die Scheibe selbst, so vermuten die Wissenschaftler weiterhin, beinhaltet noch genügend Masse, um daraus bis zu sieben jupitergroße Planeten entstehen zu lassen.

"Es handelt sich um ein sehr junges Objekt, dass jedoch alle Elemente eines entstehenden Sonnensystem aufweist", so Tobin, der das Objekt mit der Bezeichnung "L1527 IRS" gemeinsam mit Kollegen mit der "Submillimeter Array" und der "Combined Array for Millimeter-wave Astronomy" im Innern der Taurus-Wolke, einem Sternentstehungsgebiet 450 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Stier (Taurus) entdeckt hat.

Das Alter des Systems schätzen die Forscher auf nicht mehr als 300.000 Jahre. Im Vergleich dazu zählt unser eigenes Sonnensystem bereits 4,6 Milliarden Jahre. "Das "L1527 IRS"-System könnte sogar noch jünger sein. Dies ist eine Frage der Geschwindigkeit, mit der der Stern seine Masse ansammelt."

Durch Messungen der Verlagerung von Radiowellen, die von Kohlenstoffmonoxid in der Gas- und Staubscheibe abgegeben werden, konnten die Forscher auch aufzeigen, dass sich die Rotationsgeschwindigkeit der Scheibe mit dem Abstand des Materials von seinem Stern in gleicher Weise verändert, wie sich auch die Umlaufgeschwindigkeit von Planeten mit zunehmendem Abstand zu ihrem Stern verändert.

"Dieses Muster, die sogenannte 'Kepler-Rotation', markiert den ersten notwendigen Schritt hin zur Bildung eines Planetensystems, da die Scheibe durch ihre eigene Rotation gestützt wird, so den Materialfluss hin zum Protostern vorgibt und dadurch die Planetenentstehung erst in Gang bringt", erläutert Hsin-Fang Chiang.

"Bei 'L1527' handelt es sich um den jüngsten bislang entdeckten Protostern, der diese Merkmale in die ihn umgebenden Scheibe aufweist", so Tobin. "In vielfacher Hinsicht, sieht dieses System so aus, wie wir glauben, dass einst auch unser Sonnensystem ausgesehen hat als es noch sehr jung war."

Schon bald wollen die Astronomen das L1527-System mit dem internationalen ALMA-Teleskop (Atacama Large Millimeter/submillimeter Array) in Nordchile beobachten. Von diesen neuen hochauflösenden Beobachtungsmöglichkeiten erhoffen sich die Forscher, das Objekt, seine Merkmalen und Strukturen noch genauer studieren zu können. "Von diesen Beobachtungen können wir lernen, wie sich solche Scheiben bilden, wie schnell junge Sterne ihre schlussendliche Größe erlangen und sich ihre Planetensysteme bilden", so die Forscher.

Quelle: nrao.edu