Missbrauchsopfer wollen endlich die Verjährungsfristen kippen. Sie planen jetzt, die Bundesrepublik zu verklagen. Ein Gespräch mit Norbert Denef vom Netzwerk Betroffener.
© Gianni OcchipintiNorbert Denef ist Sprecher des deutschlandweiten Netzwerks Betroffener.
DIE ZEIT: Herr Denef, wieso wollen Sie die Bundesrepublik Deutschland verklagen?
Norbert Denefl: Weil unsere Regierung nicht bereit ist, ihre politische Fürsorgepflicht gegenüber den Opfern sexualisierter Gewalt zu erfüllen.
ZEIT: Wie das? Sie hat doch letztes Jahr einen Runden Tisch zum sexuellen Missbrauch gegründet.
Denef: Ja, aber jetzt ist klar, dass dieser Runde Tisch das entscheidende Aufarbeitungsproblem nicht angepackt hat: die dringend notwendige Aufhebung der Verjährungsfristen. Deshalb halte ich ihn für gescheitert, und so geht es vielen Opfern. Am 30. November tagt das Gremium zum letzten Mal, die abschließenden Vorschläge aller Parteien liegen auf dem Tisch, aber keine unterstützt uns Betroffene bei unserem wichtigsten Anliegen. Deshalb werden wir beim Europäischen Gerichtshof gegen die Bundesrepublik klagen. Wohin sollen wir uns wenden, wenn wir uns von der Politik verraten fühlen?