Seit Jahren warnen Sicherheitsexperten davor, dass Hacker sich in die Bordelektronik von Flugzeugen einklinken. Nun soll einer tatsächlich die Kontrolle übernommen haben - inklusive der Turbinen.
Flugzeugabsturz taipeh
© AFPFlugzeugabsturz über Taipeh
Eigentlich sieht sich Chris Roberts als Sicherheitsexperte. Er untersucht die Anfälligkeit von Computersystemen für Angriffe, informiert die Hersteller und warnt vor möglichen Folgen. Doch die Sache hat einen gar nicht so geringen Haken: Er tut das alles ohne Auftrag oder Erlaubnis. Der Normalbürger kennt Leute wie Roberts daher unter einer anderen Bezeichnung: Hacker. Jetzt droht ihm mächtig Ärger. Die US-Bundespolizei FBI wirft dem "Experten" vor, sich in die Bordelektronik mehrerer Flugzeuge eingeklinkt zu haben - in mindestens einem Fall soll er sogar die Kontrolle über die Maschine selbst übernommen haben.

Anlass für den Vorwurf ist ein Tweet, den Roberts am 15. April diesen Jahres absetzte: "Befinde mich an Bord einer (Boeing - Anmerkung der Redaktion) 737-800. Sollen wir mit den Sicherheits-Nachrichten spielen?" fragte er seine Follower bei Twitter. Es war eine Anspielung an frühere Entdeckungen, denn die Maschinen dieses Typs besitzen ein System, das Roberts bereits in der Vergangenheit mehrfach überlistet hatte. Das wusste auch das FBI, denn die Ermitller hatten Roberts bereits im Februar 2015 zweimal zu seinen Entdeckungen befragt. Damals ging es ihnen aber lediglich um Erkenntnisgewinne, Vorwürfe an Roberts gab es keine. Doch diesmal ist das anders.

Chris Roberts
Chris Roberts
Routinierter Hacker

Nachdem sie auf den Tweet aufmerksam wurden, erwarteten zwei FBI-Agenten und zwei lokale Polizisten Roberts am Flughafen und verhörten ihn. Bei der Gelegenheit beschlagnahmten sie auch diverse Elektronika in seinem Besitz, etwa ein iPad und einen Laptop sowie mehrere Datenträger. Jetzt ist der Durchsuchungsbefehl zur Beschlagnahmung der Geräte aufgetaucht, er enthält einen brisanten Vorwurf: Roberts soll bis zu 15 Mal in die Bordelektronik eingedrungen sein - und dabei mindestens einmal auch die direkte Kontrolle über das Flugzeug erlangt haben.

Der Beamte beschreibt, dass Roberts sich in die Turbinen-Kontrolle einklinkte und den Befehl zum Steigflug gab. Eine der Turbinen soll dadurch stärkeren Schub als die andere erhalten haben, das Flugzeug flog dadurch dem Bericht zufolge leicht seitlich. Ob das tatsächlich passiert ist, bleibt aber weiterhin unklar.

In einem Gespräch mit dem Tech-Blog "Wired" hatte Roberts in der Vergangenheit zwar angegeben, solch einen Steigflug ausgelöst zu haben - allerdings nur in einem Simulator und nicht in einem echten Flugzeug. Seine Aussagen gegenüber dem FBI seien von den Agenten aus dem Kontext gerissen, sagte er "Wired" auf Nachfrage zu den aktuellen Vorwürfen. Weitere Details wollte er aber nicht nennen. Das ist allerdings kein Wunder: Würde er zugeben, tatsächlich ein Flugzeug übernommen zu haben, während es sich in der Luft befand, dürfte ihm eine lange Haftstrafe drohen.