
Beate Zschäpe mit ihren Anwälten Wolfgang Stahl (links), Anja Sturm (2.v.r.) und Wolfgang Heer (rechts) (Archivbild)
Dass irgendetwas in der Luft liegt, konnte man gleich zu Beginn des Prozesstages spüren: Erst wird bekanntgegeben, dass der NSU-Prozess heute verspätet beginnt. Dann kommt die Hauptangeklagte Beate Zschäpe in den Gerichtssaal und sitzt verloren an ihrem Platz. Sie muss mehrere Minuten warten, allein, ohne ihre drei Anwälte. Zschäpe sieht mitgenommen aus und nervös. Ihren Kopf stützt sie auf die Arme.
Unterbrechung von einer Stunde
Als die Anwälte schließlich hereinkommen, wirkt die Begrüßung frostig. Ihr Verteidiger Wolfgang Heer fragt Zschäpe etwas, und es sieht so aus, als ob sie etwas ablehnt. Sie schüttelt den Kopf, antwortet schmallippig.
Dann endlich kommen die Richter herein, es kann losgehen. Doch nach der Begrüßung beantragt Heer eine Unterbrechung von einer Stunde, um sich mit der Mandantin besprechen zu können. Sie wird gewährt. Allzu lange scheint die Besprechung aber nicht zu dauern, schon nach kurzer Zeit sieht man die Anwälte wieder im Saal und vor der Tür des Oberlandesgerichts München.
Um etwa 11 Uhr nehmen sie wieder Platz, um schon kurz darauf wieder zu gehen. Nun kommt Zschäpe herein und wieder sitzt sie allein am Tisch. Sie zückt einen Stift - und löst erst einmal ein Kreuzworträtsel.
Prozess erneut in Krise geraten
Dann erscheint Richter Götzl und sagt: "Es wird bekannt gegeben, dass Frau Zschäpe einen Entbindungsantrag hinsichtlich der Verteidigung durch die Rechtanwältin Sturm abgegeben hat. Wollen Sie sich dazu äußern, Frau Zschäpe?" Zschäpe schweigt. Ein Zeichen, dass sie auch weiterhin nicht sprechen will. Auch Sturm will sich nicht äußern.
Durch die neuerliche Entwicklung ist der Prozess erneut in eine Krise geraten. Bereits im vergangenen Sommer hatte Zschäpe sich gegen ihre Anwälte gewandt, war aber damit nicht durchgedrungen. Warum sie ausgerechnet kein Vertrauen mehr zu Anwältin Sturm hat, wurde zunächst nicht bekannt. Für die Anwälte ist eine schwierige Situation eingetreten: Sie sind ein eingespieltes Team, das die Aufgaben unter sich verteilt hat. Wird eine Kollegin herausgenommen, ist das hoch problematisch. Der Prozess geht erst kommende Woche weiter.
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Kommentar: Man kann davon ausgehen, dass Beate Zschäpe sehr gut darüber bescheid weiß, was sich so alles über die Jahre zugetragen hat und sich auch über die aktuellen Entwicklungen im Klaren ist: