Der gegenwärtige Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, hat den Obersten Gerichtshof der Ukraine aufgefordert, zu erklären, dass sein Vorgänger, Wiktor Janukowytsch, im Rahmen einer illegalen Vorgehensweise gestürzt worden sei; das bedeutet mit anderen Worten, dass die auf Janukowytsch folgende Regierung - und damit auch Poroschenko in seiner Funktion als Präsident - durch einen Putsch und nicht im Rahmen eines demokratischen oder gar verfassungsmäßigen Prozesses an die Macht kam.

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In einem bemerkenswerten Dokument, das auf der englischsprachigen Version der Internetseite des Verfassungsgerichts der Ukraine fehlt, aber über das außerhalb der USA - etwa in Russland - breit berichtet wurde, beantragte Poroschenko auf Ukrainisch (nicht auf Englisch), das Verfassungsgericht der Ukraine möge Folgendes beschließen:
»Ich fordere das Gericht auf, zu erklären, dass das ›Gesetz zur Aberkennung des Präsidententitels von Victor Janukowytsch‹ verfassungswidrig ist.«
Wie ich bereits zuvor berichtet hatte und hier noch einmal kurz auszugsweise darlegen will, hatte Poroschenko bereits vor dem 26. Februar 2014, und damit kurz nach dem Sturz Janukowytschs vom 22. Februar, gegenüber dem estnischen Außenminister Urmas Paet, der damals im Auftrag der damaligen EU-Außenbeauftragten Ashton die Lage in Kiew erkunden sollte, eingeräumt, dass es sich beim Sturz Janukowytschs um einen Putsch und sogar um eine »Operation unter falscher Flagge« gehandelt habe, da die Scharfschützen in Uniformen des ukrainischen Sicherheitsdienstes gekleidet waren, obwohl sie dieser Behörde gar nicht angehörten.


Im Folgenden der entscheidende Ausschnitt aus dem Telefongespräch zwischen Ashton und Paet, in dem es um seine Eindrücke seines Kiew-Aufenthaltes von 25. Februar 2014 geht:
»... derselbe Oligarch [Poroschenko - d.h. dass er dies schon wusste, als er Präsident wurde] erklärte ebenfalls, alle Beweise zeigten, dass die Menschen auf beiden Seiten, die von den Scharfschützen getötet worden waren, unter ihnen Polizisten und Menschen von den Straßen, [ein Schock für Lady Ashton, die gerade noch erklärt hatte, Janukowytsch habe die Morde befohlen] von den gleichen Scharfschützen getötet wurden, die Menschen auf beiden Seiten töteten [Poroschenko wusste also, dass seine Regierung auf der Grundlage eines unter falscher Flagge angezettelten und von den USA kontrollierten Putsches gegen seinen Vorgänger an die Macht gekommen war]. ... Hinter den Scharfschützen stand nicht Janukowytsch, sondern jemand von der neuen Koalition.« (Die Ergänzungen in eckiger Klammer stammen von Eric Zuesse.)
Spätestens jetzt erfuhr Ashton, dass die Darstellung, Janukowytsch sei aufgrund der öffentlichen Empörung darüber gestürzt worden, dass er das Angebot einer Mitgliedschaft seitens der EU an die Ukraine ausgeschlagen habe, eine Erfindung war.

Die Planungen für diesen Putsch wurden seitens der amerikanischen Botschaft in Kiew mindestens seit Anfang 2013, also lange vor der Entscheidung Janukowytschs, das Assoziierungsabkommen mit der EU nicht zu unterschreiben, aktiv vorangetrieben.

Unmittelbar nach dieser Entscheidung des Präsidenten nahm die Unterstützung für seine Regierung in der Bevölkerung sogar noch zu. Aber dann führten die von den USA gesteuerten Aufstände auf dem »Maidan« dazu, dass die Stimmung umschlug und sich gegen Janukowytsch wandte.

Sollte das Gericht dem Antrag Poroschenkos entsprechen, wären alle späteren Ernennungen und Berufungen - Jazenjuks »Berufung« zum Ministerpräsidenten durch die amerikanische Außenamtsstaatssekretärin Victoria Nuland am 4. Februar, die dann am 26. Februar vom ukrainischen Parlament, der Rada, gebilligt wurde, sowie auch die Ernennung von Olexandr Turtschynow, der dazu ausersehen wurde, bis zu den später für den 25. Mai angesetzten Wahlen, an denen der von der Junta vorgesehene Kandidat - also Poroschenko - gewählt werden würde, als Interimspräsident zu dienen - schlicht und ergreifend illegal. Aber dieser Umstand war bereits bekannt.

Schon am 28. Februar 2014 wurde in allen Einzelheiten dargelegt, dass der Sturz Janukowytschs verfassungswidrig war.

Das betraf vor allem die verfassungsrechtliche Einschätzung, aber nun muss sich das ukrainische Verfassungsgericht mit der schockierenden Zwickmühle des amtierenden ukrainischen Präsidenten auseinandersetzen, der sein Amt als Folge dieses Putsches angetreten hat und nun das Gericht auffordert, »einzuräumen«, dass es sich tatsächlich um einen Putsch gehandelt hatte.

Was übrigens auch der Gründer des »privaten Nachrichtendienstes« Stratfor, George Friedman, so sieht, der die Ereignisse in der Ukraine als den »krassesten Putsch in der Geschichte« bezeichnete. (Dies hängt damit zusammen, dass dieses Video (mit der Rede Friedmans) und andere Beweise dafür, dass dieser Putsch durch Washington angezettelt wurde, so erdrückend sind.)


Ebenfalls wurde jetzt berichtet, dass der Rechte Sektor unter Dmytro Yarosch - dieselbe Gruppe also, die Washington für den Putsch und die ethnische Säuberungskampagne in der früheren Donbass-Region der Ukraine anheuerte - nun ihrerseits erklärte, sie werde sich am 3. Juli in Kiew versammeln, um Poroschenko zu stürzen, wenn diese nicht umgehend den Krieg gegen den Osten der Ukraine fortsetze.

Die gleichen Leute, die Washington für den Sturz Janukowytschs bezahlte, wollen nun dessen Nachfolger aus dem Amt jagen. Innerhalb der Regierung Obama wird gegenwärtig eine Auseinandersetzung darüber geführt, wie weit man mit der Unterstützung der ukrainischen Nazis, die formell nicht an der Spitze des Landes stehen, gehen könne.

Die ukrainischen Nazis dürsten nach russischem Blut, und sie wollen ihren Durst rascher löschen, als die Regierung Obama ihnen zuzugestehen bereit ist. Washingtons frühere an die Adresse Europas gerichtete Beleidigung (»F—k the EU!«) hat nicht die gewünschten Ergebnisse gebracht. Zwischen der Regierung Obama und den ukrainischen »Vollstreckern«, auf die Obama sich bisher stützte, gibt es zunehmend böses Blut.


Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Poroschenko gegenwärtig in der Zwickmühle zwischen der EU einerseits und den gut bewaffneten und ausgebildeten ukrainischen Nazis auf der anderen Seite steckt, und der amerikanische Präsident Obama, der bisher die endgültigen Entscheidungen traf, sowohl die Zusammenarbeit mit den ukrainischen Nazis als auch mit der EU brauchte, damit sein ukrainisches Gambit gegen Russland die gewünschten Früchte trägt, muss sich zwischen diesen beiden Alternativen entscheiden. Außenminister John Kerry steht auf der Seite der EU, während Victoria Nuland die Nazis unterstützt. Bisher hat Obama seine Karten noch nicht ausgespielt.