Das klingt nach Wasser predigen und Wein trinken: Die große Diskussion um die Rente mit 70 geht durch Deutschland, während still und heimlich manche Abgeordnete schon mit 56 Jahren in Pension gehen können, ohne Abschläge! Dank einer Regelung im Kleingedruckten des Abgeordneten-Gesetzes.
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© Sean Gallup/Getty ImagesDer Deutsche Bundestag
"Sie können doch Abgeordnete nicht mit normalen Angestellten vergleichen", schimpfte CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl (71). Die Begründung des Politikers: Einem Abgeordneten drohe schließlich regelmäßig die Abwahl, schreibt die Bild, die sich gestern in den Gängen des Bundestages umhörte.

Ein CDUler, anonym, sagte: "Stellen Sie sich vor, Sie müssten sich alle 4 Jahre neu auf Ihren Job bewerben. Für diese Unsicherheit muss es einen Ausgleich geben!" Der frühere Innen-Staatssekretär Christoph Berger (CDU, 67) meinte gar, dass man jenen, die das ungerecht fänden, ja sagen müsse, dass der Beruf des Abgeordneten grundsätzlich jedem offen stehe. Parlamentarier anderer Fraktionen fanden hinter vorgehaltener Hand auch verteidigende Worte.

Grünen-Politiker Konstantin von Notz (45) warnte: "Wir Politiker können bei dem Thema nicht mehr auf Durchzug schalten."

Die kleine Klausel

Zwar wird auch für die Mitglieder des Bundestages das Renten-Eintrittsalter schrittweise auf 67 Jahre angehoben, doch gibt es da noch eine Klausel für langjährige Parlamentarier: Ab acht Jahren im Bundestag zählt jedes weitere Jahr zur Vorverlegung des Pensionsbeginns. Ein Jahr mehr, ein Jahr früher in Rente, bis maximal 10 Jahre geht das.

Die Bild zitiert dazu den Präsidenten des Bundes der Steuerzahler: "Wenn die Politiker ernsthaft über eine Erhöhung des Rentenalters reden, dann sollten sie bei sich selbst anfangen. Es kann nicht sein, dass Bundestagsabgeordnete einen Renten-Rabatt von bis zu 10 Jahren bekommen", so Rainer Holznagel.

Der Parlamentaro

Das Blatt bringt ein Beispiel: Ein ehemaliger Abgeordneter, Jahrgang 1960, der 18 Jahre Bundestag absolviert hat, könnte jetzt mit gut 56 Jahren und 4.087 Euro in Pension gehen.

Nach letzten Erhebungen seien Bundestagsabgeordnete im Schnitt zehn Jahre im Amt. Rechnerisch gesehen würden sie damit eine um zwei Jahre verkürzte Pensionsgrenze erhalten, abschlagsfrei, versteht sich, und alles automatisch, ohne jeglichen Antrag.

Außerdem werden keinerlei private Einkünfte des Ex-Abgeordneten auf die Pension angerechnet, wenn er zum Beispiel in der Privatwirtschaft weiterarbeitet.

Der Normalo

Das Renteneintrittsalter steigt bis 2031 auf 67 Jahre. Frühestens mit 63 kann man aus dem Arbeitsleben aussteigen. Dann ist allerdings ein Abschlag von 0,3 Prozent der Rente pro vorgezogenen Rentenmonat.

Auch hier bringt das Blatt ein Beispiel: Ein Arbeitnehmer, Baujahr 1953, hat für eine ungekürzte Rente Arbeit bis zum Alter von 65 Jahren und sieben Monaten vor sich. Steigt er dieses Jahr mit 63 aus, muss er Abschläge in Höhe von 9,3 Prozent seiner Rente hinnehmen.

Der Eckrentner

"Als Eckrentner (45 Jahre Durchschnittsverdienst) würde seine Rente von 1.314 Euro um 122 Euro gekürzt - lebenslang!", so Bild wörtlich.

Abschließend bringt Bild den harten Vergleich: Da sich ein MdB pro Mandatsjahr 2,5 Prozent als Pensionsanspruch erarbeitet, derzeit 227 Euro (bei einem Verdienst aktuell in 2015 von monatlich 9.082 Euro), beträgt nach 27 Jahren seine Höchstpension 6.130 Euro (67,5 Prozent).

Ein Durchschnittsverdiener müsste dafür 210 Jahre arbeiten. Allerdings, laut Bundestag beträgt die Durchschnittspension eines Abgeordneten derzeit lediglich 3.550 Euro pro Monat.

In Zukunft wird sich das allerdings etwas ändern: Für Abgeordnete der nächsten Parlamentswahl gilt die Frühpensionsregelung nicht mehr.

(sm)