Gigantische X-förmige Struktur gibt Hinweise auf galaktische Geschichte

Ein X im Milchstraßen-Zentrum: Erstmals ist es Astronomen gelungen, die rätselhafte X-Struktur im Herzen der Milchstraße direkt abzubilden. Dass es eine solche X-förmige Zone erhöhter Sternendichte gibt, ließ sich bisher nur indirekt schließen. Doch jetzt hat ein aus Daten des Infrarot-Teleskops WISE erstelltes Bild sie sichtbar gemacht - und damit jeden Zweifel über ihre Existenz ausgeräumt. Gleichzeitig hilft dies auch zu klären, wie der zentrale Bulge unserer Galaxie einst entstand.

x förmige galaxie
© Dustin Lang/ Dunlap InstituteIn dieser aus WISE-Daten zusammengestellten Aufnahme des Milchstraßenzentrums ist die X-förmige Verteilung von Sternen bereits zu erahnen.
Unsere Milchstraße ist eine typische Balkenspirale - eine Spiralgalaxie, deren zentraler Teil zu einem geraden Balken ausgezogen ist. Aber das ist noch nicht alles: Schon vor einigen Jahren fanden Astronomen Hinweise darauf, dass die Sterne im Zentrum der Galaxie eine seltsam x-förmige Struktur bilden. Ein direktes Bild dieser Struktur fehlte jedoch bis jetzt.

Blick hinter die Staubwolken

Das hat sich nun geändert, dank der aufwändigen Arbeit des Astronomen Dustin Lang von der University of Toronto. Dieser hatte im Mai 2015 aus frei zugänglichen Daten des WISE-Satelliten der NASA ein Bild der Milchstraße und ihres Zentrums zusammengestellt und veröffentlicht. "Ich will gar nicht zugeben, wie lang es gedauert hat, 150 Gigapixel zu diesem WISE-Bild aufzusummieren", schrieb er damals.

Weil gerade der Bulge normalerweise von dichten Staubwolken verdeckt ist, sind Infrarotaufnahmen wie diese nötig, um die dahinter versteckten Strukturen sichtbar zu machen. Während jedoch die bisherigen WISE-Aufnahmen darauf ausgelegt waren, punktförmige Lichtquellen wie Sterne besonders genau zu zeigen, hatte Lang die Daten so ausgewertet, dass großräumigere Strukturen besser zu sehen waren.

Vom Kasten zum X

Als Melisssa Ness vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg die von Long zusammengestellte WISE-Aufnahme sah, fiel ihr auf, dass darauf eine deutliche Kastenstruktur für den Bulge der Milchstraße sichtbar war. Könnte sich darin die lange gesuchte X-Struktur verbergen? Um das herauszufinden, bearbeiteten Ness und Lang die WISE-Aufnahme weiter und es gelang ihnen, die subtile X-Form sichtbar zu machen.

Zum ersten Mal ist damit das gigantische X im Herzen unserer Galaxie direkt in einer astronomischen Aufnahme sichtbar. Mit diesem Bild kann an der Existenz der X-Struktur kein Zweifel mehr bestehen. "Dieses WISE-Bild des Milchstraßen-Bulge zeigt, dass die X-förmige Struktur offensichtlich und unbestreitbar existiert", betonen die Forscher.

Keine Verschmelzung

Spannend ist das X im Herzen unserer Galaxie aber nicht nur wegen seiner ungewöhnlichen Form. Es liefert auch wertvolle Informationen darüber, wie die zentrale Verdickung der galaktischen Scheibe einst entstand. Bisher gab es dazu zwei konkurrierende Theorien. Der ersten nach bildete sich der Bulge, als unsere Galaxie mit anderen, kleineren Galaxien verschmolz und dabei neue Sterne und Materie hinzugewann.


Kommentar: Wenn diese Theorie nicht schon lange vernachlässigt werden können:

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Das Alternativmodell sieht den Bulge dagegen als dynamische Struktur, die ohne Zutun von außen aus der Evolution der bereits vorhandenen Sterne unserer Galaxis hervorgegangen ist. Dabei bilden die Umlaufbahnen der Sterne brezelartige Schlingen um den Balken, durch die der Bulge ein etwas eckiges Aussehen bekommt - oder eben zeitweise auch einen X gleicht. Die nun in der neuen WISE-Aufnahme sichtbare X-Struktur stützt dieses zweite Szenario. "Das zeigt, dass der Bulge in der Tat durch Entwicklungsprozesse der Sternverteilung unserer Galaxie entstanden ist", sagt Ness.

Zukünftige Beobachtungen werden die Dynamik und die Eigenschaften der Sterne im Bulge noch genauer untersuchen und daraus Rückschlüsse auf die Einzelheiten der Entstehungsgeschichte ziehen können. Die Stelle, an der sich die Antworten finden, ist jetzt jedenfalls deutlich mit einem X markiert.

(Astronomical Journal, 2016; doi: 10.3847/0004-6256/152/1/14) (Max-Planck Institut für Astronomie, 20.07.2016 - NPO)