Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen will die notwendigen Strukturen für einen Einsatz der Bundeswehr im Inland schaffen. Darüber werde im Spätsommer konkret entschieden. Die neue Sicherheitsstrategie der Regierung bietet bereits genug juristischen Spielraum für einen Einsatz im Inneren.
Ursula von der Leyen Breedlove
© dpaNato-Oberbefehlshaber General Philip Breedlove mit Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen in Brüssel, Februar 2016.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen will schon bald die Grundlagen für Einsätze der Bundeswehr im Inneren bei Terrorangriffen legen. „Im Spätsommer werden wir mit der Innenministerkonferenz der Länder entscheiden, welche Einsatz-Szenarien wir üben müssen“, sagte die CDU-Politikerin der dpa zufolge. „Im Ernstfall müssen die Alarmketten stehen, die Zuständigkeiten klar sein und genug Personal zur Verfügung stehen.“

Zunächst werde man eine Stabsrahmenübung machen, die das Zusammenspiel zwischen dem Bund und den Polizeibehörden mehrerer Länder auf die Probe stellt. Drei Bundesländer hätten bereits Interesse angemeldet, berichtete von der Leyen. Sie stellte klar, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Extremfall auch Militär angefordert werden könnte.

Von der Leyen nannte die Diskussion um einen möglichen Anti-Terror-Einsatz der Bundeswehr „richtig und wichtig“. Alle hofften ja, dass es nie zu einem „Großszenario“ kommt, das einen solchen Einsatz erforderlich macht. Die Anschläge in Paris hätten aber allen die Augen geöffnet. „Mir ist die Skepsis jetzt lieber als später der Vorwurf, wir seien nicht vorbereitet gewesen.“


Die Bundesregierung hat Mitte Juli eine neue Sicherheitsstrategie vorgelegt. Dort wird ausdrücklich die Tür einen Spalt weit für einen späteren Einsatz der Bundeswehr im Inneren geöffnet, den die SPD und die Opposition aber noch ablehnen. Dem neuen Weißbuch zufolge ist der Einsatz der Armee im Landesinneren auch bei schweren Anschlägen und nicht nur bei anderweitigen Unglücksfällen möglich.


Konkret angesprochen werden dabei Terrorlagen. Den Umgang mit derartigen Katastrophenfällen soll die Bundeswehr mit der Polizei auch üben, was bisher nicht möglich war. In anderen Ländern wie Frankreich ist der Militäreinsatz im Innern wie etwa nach dem Anschlag im November in Paris üblich, in Deutschland dagegen sind die Befugnisse der Bundeswehr im Inland aus geschichtlichen Gründen stark beschränkt.

Das Grundgesetz setzt dem Einsatz der Bundeswehr im Inneren enge Grenzen. Die strikte Trennung zwischen Militär und Polizei ist den historischen Erfahrungen der NS-Zeit geschuldet.

Aus Sicht der Gewerkschaft der Polizei wären Anti-Terror-Einsätze von Bundeswehrsoldaten sinnlos. „Die Hilfe, die wir benötigen, kann die Bundeswehr überhaupt nicht bieten“, sagte der Vorsitzende Oliver Malchow im ZDF. „Wir brauchen Ermittler, wir brauchen Polizisten, die rechtsstaatlich ausgebildet sind und im Rahmen der Verhältnismäßigkeit der Mittel dann die notwendigen Maßnahmen treffen.“ Wer glaube, man sorge für innere Sicherheit, wenn man „Menschen in Uniform, behelmt und mit langen Waffen“ in die Innenstädte stellt, der irre sich.

SPD-Generalsekretärin Barley sagte, von der Leyen solle auf die Polizisten hören. „Anstatt über einen Einsatz der Bundeswehr im Inneren zu sprechen, sollten wir weiter daran arbeiten, unsere Polizei zu stärken.“ Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels (SPD), findet die geplante Übung richtig. „Wenn es Lagen gibt, die einen Einsatz der Bundeswehr im Inneren rechtfertigen, dann muss man drauf auch vorbereitet sein“, sagte Bartels den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.