Der grüne Ministerpräsident Kretschmann und Bundeskanzlerin Merkel haben sich zu einem geheimen Abendessen getroffen. Nach dem Treffen warb Kretschmann engagiert für eine schwarz-grüne Koalition auf Bundesebene. Tatsächlich würden die Grünen aktuell sehr gut zu Angela Merkel passen.
Merkel Kretschmann
© dpaAngela Merkel mit Winfried Kretschmann.
Rund ein Jahr vor der Bundestagswahl sollen sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) vertraulich getroffen haben. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtete von einem gemeinsamen Abendessen am Sonntagabend in Berlin. Kretschmann ist ein klarer Befürworter eines erstmaligen schwarz-grünen Bündnisses nach der Wahl 2017, auch CDU-Chefin Merkel gilt als aufgeschlossen dafür.

Das Stuttgarter Staatsministerium ging nicht konkret auf den Bericht ein, erklärte aber, dass Merkel und Kretschmann von Zeit zu Zeit miteinander über bundespolitische Themen sprächen. Die CDU äußerte sich nicht. Ein Sprecher der Bundesregierung sagte: «Über mögliche vertrauliche Gespräche und Begegnungen der Bundeskanzlerin geben wir grundsätzlich keine Auskunft.»

Grundsätzlich würden die Parteien mittlerweile gut zusammenpassen: Die Grünen haben sich friedenspolitisch weitgehend verabschiedet und folgen de facto dem konfrontativen Neocon-Ansatz, dem auch Angela Merkel verpflichtet ist. In der Einwanderungspolitik hat Merkel von keiner anderen Partei so viel Applaus bekommen wie von den Grünen. In der Energiepolitik hat Merkel mit dem Atomausstieg und der massiven Förderung der Erneuerbaren Energien einen klassisch grünen Ansatz umgesetzt, der auf staatliche Steuerung mit ideologischer Unterfütterung setzt und weniger auf ordnungspolitischen Liberalismus.

Kretschmann hatte im März mit den Grünen die Landtagswahl in Baden-Württemberg gewonnen. Seitdem Bundespräsident Joachim Gauck erklärt hat, nicht für eine weitere Amtszeit zu kandidieren, wird er neben anderen als ein potenzieller Nachfolger gehandelt. Er selbst schweigt dazu. Ihm werden auch eher wenig Chancen eingeräumt - gleichwohl gilt er als Kompromisskandidat, falls sich Union und SPD nicht einigen können.

Kretschmann warb im Spiegel erneut für ein Bündnis mit der Union. Schwarz-Grün passe einfach in die Zeit, die geprägt sei von Unsicherheit und Krisen, sagte er. «Es kommt jetzt darauf an, den Zusammenhalt der Gesellschaft zu sichern. Es geht darum, Freiheit und Individualismus zu erhalten und zugleich dem wachsenden Bedürfnis nach Sicherheit gerecht zu werden.»

Offizielle Parteilinie dagegen ist, sich nicht festzulegen: Die Grünen wollen demnach einen eigenständigen Wahlkampf führen, möglichst gut abschneiden und dann sehen, mit wem sie ihre Inhalte am besten durchsetzen können.

Allerdings befürworten Parteilinke ein Bündnis mit SPD und Linken. Parteichefin Simone Peter, die den linken Flügel vertritt, antwortete auf Twitter auf Kretschmanns Aussagen: «Für Zusammenhalt, Freiheit und Selbstbestimmung steht diese Union gerade gar nicht. Politischer Wechsel überfällig!». Ex-Fraktionschef Jürgen Trittin bekräftigte die Haltung der Parteilinken in der Zeitung Die Welt.

Auch aus der SPD und von den Linken gab es Kritik an Kretschmanns Kurs. «Kretschmann setzt 2017 auf Recht(s) und Ordnung», schrieb SPD-Vize Ralf Stegner auf Twitter. «Sozial und progressiv war gestern - schwarzgrüne Machtoption ist jetzt offizielles Wahlziel!»

Linke-Fraktionsvize Jan Korte sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass Kretschmann an «seiner Öko-CDU» arbeite, sei ja bekannt. «Neu ist, dass der Ex-Maoist dabei Hilfe von der Kanzlerin bekommt.» Allen Grünen solle klar sein, dass Schwarz-Grün bedeute, mit den CSU-Politikern Horst Seehofer und Markus Söder «am Stammtisch zu sitzen».