Rentner Spaziergang,Senioren Ausflug
© dpa
Mit der Vorlage einer neuen amtlichen Prognose nimmt die Rentendebatte kräftig an Fahrt auf. Erstmals hat das Sozialministerium eine Vorausberechnung über das Jahr 2030 hinaus erstellt. Sie zeigt, dass das gesetzliche Rentenniveau von derzeit 47,8 Prozent über rund 44 Prozent im Jahr 2030 bis auf etwa 41,6 Prozent im Jahr 2045 zu fallen droht. Damit werde das Vertrauen der Beitragszahler in die gesetzliche Altersvorsorge untergraben, heißt es in Regierungskreisen.

Ministerin Andrea Nahles (SPD) hatte schon vor einigen Tagen eine Haltelinie gefordert, ohne sich freilich auf deren Höhe festzulegen. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) mahnte im MZ-Gespräch derweil die Ost-West-Angleichung der Renten an.

Gewerkschaften fordern ein Festschreiben des Rentenniveaus

Andrea Nahles Tagung DGB
© dpaBundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) bei einer Tagung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zur Rentenpolitik.
Das Rentenniveau errechnet sich aus dem Verhältnis einer Rente nach 45 durchschnittlichen Beitragsjahren zum mittleren Lohn der aktiven Beschäftigten. Sein Absinken war Anfang des Jahrtausends von der damaligen rot-grünen Bundesregierung beschlossen worden, um die Beiträge trotz der Alterung der Gesellschaft bezahlbar zu halten. Inzwischen schwindet jedoch in der SPD und auch bei den CDU-Sozialausschüssen die Unterstützung für diese Politik. Die Gewerkschaften fordern ein Festschreiben des Rentenniveaus mindestens auf dem aktuellen Niveau. Die Wirtschaft warnt in diesem Fall vor drastisch steigenden Arbeitskosten.

Die nun bekanntgewordenen Zahlen sind noch vorläufig, zeigen aber eine eindeutige Tendenz. So haben die Experten auch errechnet, dass ein Festschreiben des heutigen Sicherungsniveaus schon 2030 zusätzliche Kosten von 19 Milliarden Euro verursachen würde. 2045 läge die jährliche Mehrbelastung bereits bei 40 Milliarden Euro. Dadurch würde der Beitragssatz von derzeit 18,7 auf 26,4 Prozent klettern. Vor diesem Hintergrund gilt die Forderung der Gewerkschaften in Regierungskreisen als unfinanzierbar.

Nahles will im November ein Gesamtkonzept zur Zukunft der Altersvorsorge präsentieren.

Sie weist regelmäßig darauf hin, dass man zur Beurteilung der finanziellen Lage der Senioren auch mögliche andere Einkunftsarten sowie die private und betriebliche Altersvorsorge berücksichtigen muss. Nach Erhebungen des Ministeriums liegt das Durchschnittseinkommen eines Rentnerhaushalts bei 2.543 Euro. Derzeit sind lediglich drei Prozent aller Rentner auf staatliche Grundsicherung angewiesen. Altersarmut ist also kein Massenphänomen.


Kommentar: Das ist eine ziemlich geschönte Aussage!

Unzureichend fürs Alter vorgesorgt

Das könnte sich freilich auf mittlere Sicht ändern, da bestimmte Personengruppen derzeit unzureichend fürs Alter vorsorgen. Nach Erhebungen des Ministeriums kommt rund die Hälfte der Selbstständigen auf eine Rente unter 1.000 Euro im Monat. Fast die Hälfte aller sozialversicherungspflichtigen Geringverdiener mit einem Einkommen von weniger als 1 500 Euro im Monat betreibt zudem keinerlei private oder betriebliche Vorsorge.


Kommentar: Wie können sie das auch, wenn das ihnen zur Verfügung stehende Geld kaum zum Leben reicht - vor allem wenn noch eine Familie mit versorgt werden muss?


Ministerpräsident Haseloff fordert deutliche Verbesserungen für die Rentner in Ostdeutschland. „Bevor wir über Steuersenkungen reden, sollten wir in Zeiten guter Kassenlage die Rentenangleichung angehen“, sagte Haseloff im MZ-Gespräch. Das Thema habe eine „enorme Symbolkraft im Osten“. Durch eine Ungleichbehandlung könnten sich viele als „Bürger zweiter Klasse“ fühlen, warnte Haseloff.

(mz)