Im vergangenen Monat wurden in weiten Teilen Europas erhöhte Strahlungswerte gemessen, deren Herkunft Rätsel aufgibt.
RAdioaktivität,radioaktive strahlung
Laut dem französischen Institut de Radioprotection et de Sûreté Nucléaire (IRSN) handelt es sich um geringe Mengen des hoch radioaktiven Radioisotops Jod-131, das in der zweiten Januarwoche zuerst in Norwegen und dann in Finnland, Polen, Tschechische Republik, Deutschland, Frankreich sowie Spanien gemessen wurde.

Da Jod-131 nur eine kurze Halbwertszeit von acht Tagen hat, bedeutet das, dass es irgendwo Anfang letzten Monats zu einem Zwischenfall gekommen sein muss, bei dem Strahlung freigesetzt wurde.

Zwar waren die Strahlungswerte nicht annähernd hoch genug, um eine Gefahr für unsere Gesundheit oder Umwelt darzustellen, dennoch sind die Behörden in Sorge, denn sie konnten bis heute nicht herausfinden, wo die Strahlung herkam und welche Quelle sie auslöste.

„Während des Zeitraumes, in dem die Messungen durchgeführt wurden, herrschte raues Wetter, so dass wir die Spur des Auslösers nicht bis zu einem bestimmten Ort zurückverfolgen können. Messungen aus verschiedenen Orten scheinen darauf hinzudeuten, dass es aus Osteuropa kam. Da nur Jod-131 und keine anderen radioaktiven Substanzen gemessen wurden, vermuten wir, dass es aus einem pharmazeutischen Unternehmen stammt, das radioaktive Drogen herstellt“, sagte Astrid Liland von der norwegischen Strahlenschutzbehörde.

Tatsächlich wird das künstliche Radionuklid Jod-131 in der Medizin zur Behandlung von Krebs eingesetzt.

Nun soll die US-Luftwaffe bei der Aufklärung helfen und ihr Spezialflugzeug vom Typ WC-135 die Quelle der nuklearen Strahlung ermitteln. Das aufgerüstete Wetterflugzeug wurde auch schon in Japan während der Nuklearkatastrophe von Fukushima eingesetzt.

Auch wenn der Ursprung der Strahlung noch unklar ist, läuft die Gerüchteküche natürlich schon auf Hochtouren: Russland, so wird gemunkelt, habe einen geheimen Atomwaffentest in der Arktis abgehalten, womöglich in der Nowaja-Semlja-Region.

Die Doppelinsel war bereits in der Vergangenheit Schauplatz von russischen Atomtests. Das 1938 von zwei Forschern der Universität Kalifornien entdeckte Jod-131 entspricht jenem Radioisotop, mit dem in den 50er-Jahren zahlreiche US-amerikanische und russische Atombombentests durchgeführt wurden.

Zuletzt gefährlich wurde es durch Lecks nach den Atomkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima („Unerklärlich“: Höchste Strahlung seit dem GAU 2011 in Fukushima gemessen).

Auch die britische Gesellschaft für Strahlenschutz (SRP) führt das Vorkommen nicht auf einen nuklearen Zwischenfall, sondern auf einen medizinischen Ursprung wie Krankenhäuser oder Lieferanten von radioaktiver Pharmazeutika zurück. „Die Freisetzung war offenbar aktuellen Ursprungs. Darüber hinaus lassen sich keine gesicherten Aussagen treffen“, sagt SRP-Mitarbeiter Brian Gornall.

Dennoch ist bislang nicht bekannt, wo dieses Pharmaunternehmen sitzt.

Literatur: