Hillary Clinton
© Reuters/ Brendan McDermidSchließt sich der "außerparlamentarischen Opposition" an: Hillary Clinton.
Hillary Clinton hat offensichtlich noch eine Rechnung offen. Laut dem Magazin „Politico“, will die zweimal gescheiterte Präsidentschaftskandidatin eine neue Organisation gründen. Das Ziel: Den Widerstand gegen Donald Trump finanzieren. Von Selbstkritik keine Spur.

Nach dem Hillary Clinton die Präsidentschaftswahlen spektakulär verloren hatte, wurde es erst einmal still um sie. In einem ihrer ersten Interviews nach der Niederlage sprach sie in der New York Times dann davon, dass sie lange Spaziergänge im Wald unternommen hätte. Und dass sie viel Zeit mit ihren Enkeln verbracht habe. Von Politik war nur am Rande die Rede. Über ein mögliches Comeback fiel kein Wort. Doch die langen lauschigen Spaziergänge haben den Schmerz über die erlittene Schmach offenbar nicht zu dämpfen vermocht.

Wie die US-amerikanische Zeitung Politico am Freitag berichtet, steht die 69-jährige Politikerin offenbar vor einem politischen Comeback. Politico beruft sich dabei auf Informationen aus dem Umfeld Clintons und Informanten, die dem Weißen Haus nahe stünden. Demnach will Clinton an der Spitze einer Organisation mit dem Namen „Onward Together“ (Zusammen vorwärts) Spenden für den Widerstand gegen Trump sammeln. Der Name der Organisation hat eine frappierende Ähnlichkeit mit dem Slogan ihrer gescheiterten Kampagne: „Stronger Together“. Die neue Organisation soll offenbar schon nächste Woche stehen und die Arbeit aufnehmen.
Ich bin wieder zurück, um eine Aktivistin und Teil des Widerstands zu sein,
erklärte Clinton in einem Interview mit der CNN-Journalistin Christiane Amanpour. Laut Politico soll Clinton sich in den vergangenen Wochen mit einflussreichen Spendern und Gruppen in verschiedenen US-Städten getroffen haben. Zudem rekrutiere sie im Moment Entscheidungsträger für ihre Organisation. Dabei soll sie für ihren engsten Stab vor allem auf führende Personen ihrer gescheiterten Wahlkampagne setzen. So soll auch ihr Finanzplaner, Dennis Cheng, in der neuen Organisation mitwirken. Judith McHale, Clintons Abteilungsleiterin in ihrer Zeit als Außenministerin, soll sich um die Auswahl von Gruppen kümmern, die „Onward Together“ finanzieren möchte. Auch die Gründerin der Frauenrechtsbewegung „Women Building for the Future“ und ehemalige Assistentin von Bill Clinton, Minyon Moore, soll in der Organisation mitarbeiten.

Politico berichtet, dass sich „Onward Together“ ausschließlich auf die Finanzierung von anderen Organisationen beschränken wolle. Eigenständig organisierte Projekte werde es nicht geben. Die Idee hinter dem Projekt sei es, eine Anlaufstelle für wohlhabende Amerikaner zu sein, die Geld für den Widerstand gegen Trump geben wollen. Clinton äußerte sich auch erneut zu ihrer Niederlage gegen Donald Trump. Am Dienstag machte sie in New York erneut den FBI-Chef James Comey sowie den russischen Präsidenten Wladimir Putin für ihre Niederlage verantwortlich.


Das FBI hatte kurz vor der Wahl Untersuchungen gegen Clinton öffentlich gemacht, weil diese einen privaten E-Mail-Server für ihre dienstliche Kommunikation genutzt haben soll. Clinton warf Russland einmal mehr vor, den Wahlkampf mit Hackerangriffen beeinflusst zu haben. Beweise präsentierte sie, auch einmal mehr, nicht. Desgleichen findet sich nach wie vor auch keine Selbstkritik bei ihrer Analyse über die verlorene Wahl. Clinton sagte in New York:
Ich war auf der Siegerstraße bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Kombination von Jim Comeys Brief vom 28. Oktober und das russische WikiLeaks Zweifel in den Köpfen der Leute erzeugten, die dazu neigten, mich zu wählen, aber dann Angst bekamen.
Sie ergänzte, dass, wenn die Wahl am 27. Oktober stattgefunden hätte, sie nun Präsidentin wäre. Eine sehr gewagte These, wenn man bedenkt, dass vor einigen Wochen in den USA ein Buch mit dem Titel Shattered: Inside Hillary Clinton's Doomed Campaign (Zertrümmert: Im Inneren von Hillary Clintons todgeweihter Kampagne) erschienen ist, in dem die beiden US-amerikanischen Journalisten Jonathan Allen und Amie Parnes die missglückte Wahlkampagne von Hillary Clinton im Detail beschreiben.

Für das Buch begleiteten die beiden Journalisten Clinton über anderthalb Jahre lang. Bis fast zum Schluss in der Überzeugung, über die neue Präsidentin der USA zu schreiben. Wie es dazu kommen konnte, dass Trump völlig überraschend gewann, dokumentieren Allen und Parnes sehr ausführlich. Die beiden Journalisten hatten Zugang zu mehr als hundert Mitarbeitern von Clinton und vermutlich auch zu Clinton selbst. Sie beschreiben das Wahlkampfmanagement als desorganisiert und chaotisch. Es entsteht das Bild einer desolaten Kampagnenführung. Streit, Intrigen, Machtkämpfe, Inkompetenz und am Ende ein deprimiertes Team. Dass Clinton trotzdem an bestimmten Schlüsselfiguren ihrer verpatzen Kampagne festhalten will, ist mehr als überraschend.

Aber es passt in das Selbstverständnis einer Politikerin, die auch nicht wahrhaben wollte, dass der politische Seiteneinsteiger Trump in etlichen Bundesstaaten, die zuvor vom Demokraten Obama zweimal im Handstreich genommen worden waren, sie deklassierte. Und dass insbesondere in der Arbeiterschaft im Mittleren Westen Clintons wirtschaftspolitische Botschaften auf vehemente Ablehnung stießen. Auch dass ihre Beliebtheitswerte vor der Wahl alles andere als berauschend waren, verschweigt Clinton gern.