Chelsea Manning
© ReutersIn den Dokumenten, die Chelsea Manning weiterreichte, finden sich allein 303 Fälle von Folter durch die Besatzungstruppen im Irak im Jahre 2010.

Die freigelassene Whistleblowerin Chelsea Manning hat in einem ersten Fernsehinterview mit dem US-amerikanischen Sender ABC über ihre Haft und ihre Freilassung gesprochen. Und über ihre Beweggründe, geheime Dokumente an die Öffentlichkeit zu bringen.


Chelsea Manning, die früher Bradley Manning hieß, war sieben Jahre in Haft. Nun, nach ihrer vorzeitigen Haftentlassung hat die US-Whistleblowerin erstmals über die Zeit ihrer Haft und die schwierige Rückkehr in den Alltag gesprochen. Zudem erläuterte sie ihre Motive für die Leaks. Sie habe eine "Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit" gespürt, die Unterlagen weiterzugeben, sagt Manning in einem aufgezeichneten Gespräch mit dem Sender ABC.

Manning hat laut ihrer Aussage als Analystin der Armee im Irak erlebt, welche Schäden "Tod, Zerstörung und Chaos" den Menschen zufügen. Sie habe die Verantwortung für ihre Tat übernommen und stehe dazu.
Niemand hat mir gesagt, ich soll das tun. Niemand hat mir aufgetragen, das zu tun. Das war ich. Es geht auf mein Konto,
sagte sie. Manning hatte als Soldatin Tausende Dokumente an die Enthüllungsplattform WikiLeaks weitergegeben und so eine Debatte über die Kriege in Afghanistan und im Irak ausgelöst. Unter den Dokumenten war unter anderem ein brisantes Video eines Hubschraubereinsatzes aus dem Irakkrieg. Beim ersten Angriff beschossen die beiden Apache-Hubschrauber mit ihren 30mm Bordkanonen eine Gruppe von neun bis elf Männern, die sich im Weg von herannahenden amerikanischen Bodenkräften befanden.

Einige der Männer waren bewaffnet mit AKMs und einer Panzerfaust - andere waren unbewaffnet. Zwei für Reuters arbeitende irakische Kriegsberichterstatter, Saeed Chmagh und Namir Noor-Eldeen, begleiteten die Gruppe. Noor-Eldeens Kamera wurde dabei ebenfalls für eine Waffe gehalten. Acht Männer, Noor-Eldeen eingeschlossen, wurden während dieses Angriffes getötet. Der zweite Angriff, bei dem auch die 30 mm-Kanone zum Einsatz kam, galt dem verletzten Saeed Chmagh und zwei unbewaffneten Männern, die Chmagh helfen wollten.

Kurz bevor die Bodentruppen eintrafen, versuchten sie ihn in ihren Van zu ziehen. Dabei wurden die drei Männer getötet und zwei im Wagen sitzende Kinder verletzt. WikiLeaks veröffentlichte das Video 2010 unter dem Titel "Collateral Murder.“

Manning Haft sollte ursprünglich 35 Jahre betragen. Doch Ex-US-Präsident Barack Obama erließ ihr kurz vor Ende seiner Amtszeit den Rest ihrer Haftstrafe. Während ihrer Zeit im Gefängnis, in der sie oft in Isolationshaft war, hatte Manning mehrmals versucht, Selbstmord zu begehen. Außerdem trat sie im Jahr 2016 kurzzeitig in den Hungerstreik. Manning sagte, sie habe seit ihrer Freilassung nicht mit Obama gesprochen. Im Interview dankte sie ihm nun aber unter Tränen für die drastische Verkürzung ihrer Haftstrafe. "Ich habe eine Chance bekommen, mehr wollte ich nicht", sagte Manning.



Manning sprach auch über den hohen Stellenwert, den ihre Hormontherapie für sie hat. "Das ist es, was mich am Leben erhält", sagte sie. "Es hält mich davon ab, mich so zu fühlen, als sei ich im falschen Körper." Früher hätte sie immer wieder extrem negative Gefühle wegen ihres Körpers gehabt, sie habe ihn "zerreißen" wollen.

(rt deutsch/dpa)