Heute gilt der Klimawandel als Ursache globaler Katastrophen. Für die Menschen der Antike waren Warmzeiten dagegen Garanten für gute Ernten. Kälte bedeutete Hunger, Not und Invasionen.

roman ship, rome, Bis in die nördlichen Provinzen des Imperiums wurde Wein angebaut und mit ihm Handel getrieben
© picture-alliance / akg-imagesBis in die nördlichen Provinzen des Imperiums wurde Wein angebaut und mit ihm Handel getrieben
Olivenbäume, Weinreben und anderes, was man eher aus wärmeren Regionen kennt, warf vor 2000 Jahren auf britischem Boden Erträge ab. Tacitus (58-117), der so akkurate römische Historiker, hat es der Nachwelt überliefert. Heute, im Zuge der Klimaerwärmung etwa 2000 Jahre später, beginnt der Weinanbau im Süden Englands erneut. Rund 400, meist kleine Winzereien sind dort bereits entstanden. Zu Tacitus’ Zeiten soll man auf rund 500 Weinbergen geerntet haben.

Mit Olivenbäumen versucht es heute noch kein Brite, dafür müsste es wohl noch wärmer werden. Damals, in den Jahren um die Zeitwende, war alles möglich auf der Insel. Die vergleichsweise hohe Durchschnittstemperatur, Niederschläge, Sonnenschein, es passte für eine gedeihliche mediterrane Landwirtschaft.

Kein Wunder deshalb, dass Historiker bisher noch alle wärmeren Perioden, die der stete Klimawandel den Menschen immer wieder bescherte, als „Klimaoptimum“ bezeichnen - eine Sprachregelung noch aus der Zeit, bevor die Klimadebatte heiß lief. Heute warnen die meisten Klimaforscher beim Thema Erderwärmung vor einem Zuwachs an Naturkatastrophen, dem Meeresspiegelanstieg und der Unbewohnbarkeit weiter Landstriche. Ein Gipfeltreffen in Paris steht dieser Tage ganz im Zeichen dieser Prophezeiungen. Warmzeiten in der Geschichte sehen Historiker dagegen eher positiv.

Tacitus erfreute sich des „Römischen Klimaoptimums“, die Zeit 1000 Jahre später wird als das Mittelalterliche Optimum geführt. Besonders markant war wohl das Optimum im frühen Holozän, als sich nach der Eiszeit vor 11.000 Jahren große Teile der Nordhalbkugel in 50 Jahren um etwa zehn Grad erwärmten.

In den folgenden Jahrtausenden lagen die Temperaturen mehrfach rund ein Grad über den heutigen. Die Neolithische Revolution nahm ihren Lauf und die Menschen konnten von Jägern und Sammlern zu Ackerbauern und Viehzüchtern aufsteigen, Vorratswirtschaft betreiben, schließlich erste Hochkulturen entwickeln, im „Fruchtbaren Halbmond“ des heutigen Orients, unabhängig davon aber auch im fernen China.

Nicht nur diese Beispiele zeigen: Nennenswerte, nachhaltige Wechselzeiten im athmosphärischen Geschehen blieben nie reine Naturereignisse. Anhaltende Ausschläge zwischen Himmel und Erde beeinflussten immer auch das gesellschaftliche und politische Geschehen. Gerade erst, wohl im Hinblick auf den zur Zeit laufenden Klimagipfel in Paris, legte Ronald D. Gerste sein neues Buch vor: „Wie das Wetter Geschichte macht. Katastrophen und Klimawandel von der Antike bis heute“. Es ist nicht das erste zum Thema. Als der IPCC im Jahr 2007 seinen vorletzten Sachstands-Bericht vorlegte, den aufsehenerregendsten bisher, lagen gleich drei einschlägige Neuerscheinungen in den Buchläden aus.

Gerste führt uns durch die säkularen Klimawandelereignisse der letzten zweieinhalbtausend Jahre, aber auch durch kurzes, heftiges Wettergeschehen, das hier das Kriegsgeschick lenkte, da Revolutionen auslöste. Ein Satz aus seinem Buch lässt aufhorchen: „Warmperioden stehen eher für eine wirtschaftliche Blüte.“ Auch bei ihm steht dabei der „klassische“ Fall im Vordergrund: Aufstieg und Untergang des römischen Reiches.

Voraussetzung für die Blüte des Imperiums war politische und wirtschaftliche Stabilität, die dem Volk „panem et circenses“ sicherten, Brot und Unterhaltung. „Dies gelang über viele Dekaden, weil Schiffe aus Ägypten, der ‚Brotkammer des Reiches‘, Rom mit Korn versorgten“, schreibt Gerste. „Die Fruchtbarkeit des Niltales und die außerordentlich günstigen klimatischen Verhältnisse in anderen Teilen des Reiches waren ganz wesentliche Voraussetzungen.“ Für fast 200 Jahre der römischen Zeit lägen Daten vor, die zeigen, „dass in der Zeit zwischen 30 vor und 155 nach Christus die für eine ausreichende Bewässerung der Felder optimale Flut wesentlich öfter eintrat als im dritten nachchristlichen Jahrhundert - als sich das Klimaoptimum der Römer ebenso wie ihr Imperium schon im Niedergang befanden“.

Die „fetten“, weil warmen Jahre schienen damals nicht enden zu wollen. Die Bevölkerung wuchs vehement, auch das Reich. Ins Zentrum jener Zeit, von 98 bis 117, fiel seine größte Ausdehnung unter Trajan. Anschließend galt er unter den römischen Gelehrten als der „beste“ Kaiser, als „optimus“ - im Klimaoptimum. Nicht nur im Niltal übrigens könnte es damals fruchtbarer gewesen sein, auch die Sahara in ihrer Mitte war zumindest in den wärmsten Zeiten des Holozäns bewachsen und bewohnt. Entsprechend bemerken Forscher heute, da es wieder wärmer wird, eine Begrünung von der Sahelzone im Süden in die Wüste hinein.

Die Debatte darüber, wie warm genau es im römischen Optimum im Vergleich zu heute war, ist nicht entschieden. Gleich warm, ein paar Zehntelgrad wärmer oder kühler? Bohrungen in die Vergangenheit - in Baumringe oder Bodensedimente - geben keine Gewissheit. Die Gletscherausdehnung ist, heute wie damals, ein unsicherer Indikator, weil hierbei der Regen mitspielt.

Glaziologen gehen davon aus, dass sich die Gletscher zur Römerzeit wohl stärker zurückgezogen hatten als heute und die Alpen leicht passierbar waren. Mit Sicherheit war dies während der Optima im früheren Holozän der Fall, als sie womöglich ganz geschmolzen waren. Zeuge davon ist Ötzi, der vor 5000 Jahren beim Gang über die Alpen umkam und dessen Leiche unter einem neuen Gletscher verschwand.

Im dritten Jahrhundert dann der Niedergang: Die Auflösung des Römisches Reiches, auch befördert durch ein fünfhundert Jahre währendes „Klimapessimum“. Und zwar in doppelter Hinsicht. Zum einen blieben nun, in kälteren Zeiten, die guten Ernten in Nordafrika und in der Heimat selbst aus, der Wohlstand war Vergangenheit. Zum Zweiten machte die Klimaabkühlung das Leben weiter im Norden und Osten Europas ungemütlich. Sie war einer der Gründe für die große Völkerwanderung, die nun einsetzte. Goten, Franken und Vandalen drangen auf das Reichsgebiet vor, ihrerseits getrieben von den Hunnen, die in Asien selbst dem raueren Klima entflohen.

Erst im neunten Jahrhundert, zu Zeiten Karls des Großen, stellten sich wieder bessere Bedingungen ein. Erneut wurde das Klima wärmer, das Mittelalterliche Optimum stand ins Haus. Dieses Mal zum Gewinn vor allem für Mitteleuropa, wo die Landwirtschaft höhere Erträge abwarf und so die Bevölkerung großer Städte miternähren konnte, die bald, kurz nach dem ersten Millennium, nördlich der Alpen gegründet wurden.

Zu Klage freilich gaben Wetterextreme im warmen Klima schon damals Anlass. Aus Nürnberg wurde im Jahr 1022 berichtet: „ ... dass viel Leut umb Nürnberg auff den Strassen vor großer Hitz verschmachtet und ersticket, auch sein viel Brunen vor großer Hitz versieget.“
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