Russische Behörden bestätigten am Dienstag die Berichte über den Anstieg von Radioaktivität. Diese wurden bei Luftmessungen über dem Ural festgestellt. Aber auch in Polen und der Ukraine fand man die gleiche hohe Strahlung. Der schnelle Fingerzeig auf eine russische Nuklearanlage folgte postwendend.
Gasmaske
© Reuters Eduard KorniyenkoRussische Kinder nehmen an Übungen zu Strahlenschutz teil, Stavropol, Russland, 10. September 2016.
Der meteorologische Dienst Russlands bestätigte das Austreten von Ruthenium-106 im südlichen Ural im späten September und stufte diesen Vorfall als "sehr hohe Verunreinigung" ein. Auch die Behörde für Strahlenschutz in Frankreich bestätigte eine erhöhte radioaktive Messung zwischen dem Wolga-Fluss und dem Ural. Das führte die Behörde auf einen Unfall mit radioaktivem Brennstoff zurück. Eine Gesundheitsgefahr für europäische Länder bestünde nicht.


Ruthenium gehört zu den Edelmetallen. Es wird als Katalysator verwendet. Das Ruthenium-106 gilt im Vergleich zu anderen radioaktiven Isotopen als sehr langlebig mit einer Halbwertszeit von 374 Tagen. Es tritt bei der Spaltung von Uran auf sowie in abgebrannten Brennelementen. Da Ruthenium zellschädigend ist, wird es in der Krebstherapie eingesetzt.

Besonders nahe eines Dorfes unweit der Rosatom-Majak-Anlage soll erhöhte Strahlung gemessen werden. Hier werden abgebrannte Brennelemente neu aufbereitet. Die Nuklearanlage Majak soll aber nach Angaben der Betreiber keine Unfälle aufgezeichnet haben. Dies sei auch nicht möglich gewesen, denn Ruthenium-106 sei nicht Bestandteil der Arbeit der Nuklearanlage. Majak war in die Kritik geraten, nachdem hier 2004 Nuklearabfall in einem Fluss entladen wurde.

Auch die Föderale Agentur für Atomenergie Russlands erklärte, es habe keine Unfälle dieser Art gegeben. Greenpeace versucht nun, Druck auszuüben, um die Ursache der radioaktiven Strahlung festzustellen. Die gemessenen Werte an 14 Stationen in europäischen Ländern waren mit wenigen Millibecquerel pro Kubikmeter Luft gering. Grund zur Sorge für Umwelt und Bevölkerung gab es nicht. Erst ab zehn Millisievert besteht eine Gefahr für den Menschen.

Nüchtern schlussfolgert die FAZ, dass es keinen Reaktorunfall in Majak gegeben haben kann, denn außer dem Ruthenium-106 wurden keine weiteren Isotope nachgewiesen. Möglich wäre, so die FAZ, eine andere Strahlenquelle. Vielleicht stürzte über dem Ural ein Satellit ab. Denn die Raumsonden beinhalten Radionuklid-Batterien. Der österreichische Standard zitiert den Leiter des russischen Wetterdienstes Roshydromet, Maxim Jakowenko, der auf erhöhte Werte in Polen und der Ukraine hinweist:
Die veröffentlichten Daten erlauben es uns nicht, den Ort der Verschmutzungsquelle festzustellen. Dabei war die Konzentration auf russischem Gebiet immer noch zehntausende Male unter der zulässigen Höchstgrenze, für die Gesundheit der Bevölkerung besteht keine Gefahr.
Der Fingerzeig auf Majak erscheint durch die Geschichte der einstigen Nuklearanlage nützlich. Hier ereignete sich im Jahr 1957 ein tatsächlicher Atomunfall.