Russlands Staatsoberhaupt Wladimir Putin will im kommenden Jahr erneut für das Amt des Präsidenten der Russischen Föderation antreten. Ex-Staatssekretär Willy Wimmer sieht in Putin einen Garanten für Frieden. Die Politik der ausgestreckten Hand würde unter Putin weitergehen, so der ehemalige Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung der OSZE.


Putin
Herr Wimmer, eine erneute Kanzlerin Merkel kritisieren Sie als Stagnation. Was ist beim ewigen Putin anders?
Man muss sehen, dass der Druck, der die letzten zehn bis fünfzehn Jahre auf die Russische Föderation ausgeübt wurde, bei jedem anderen Staat zu einer sogenannten "Igel-Haltung", also nur Abwehr, geführt hätte. Putin geht trotzdem weiter mit ausgestreckter Hand auf jeden zu.

Es ist schon merkwürdig, dass jemand, der sagt, ich will euer guter Nachbar sein, zurückgewiesen wird. Putin hat eigentlich auf Dauer gerade gegenüber Europa immer eine konstruktive Einstellung gezeigt. Das ist eine Perspektive, die wir uns auch weiterhin nur wünschen können. Bei der Bundeskanzlerin geht es um ihren Abgesang. Das ist ein großer Unterschied.
Kann denn in den nächsten Jahren mit der gleichen Konstellation Merkel-Putin überhaupt frischer Wind in die deutsch-russischen Beziehungen kommen?
Deutschland und der Westen brauchen ein größeres Maß an Selbstbewusstsein. Man sollte die Politik der Nachbarschaft gegenüber der Russischen Föderation an den eigenen Interessen ausrichten. Das, was uns in den letzten Jahren so große Schwierigkeiten bereitet hat, ist mit dem Satz des ehemaligen amerikanischen Vize-Präsidenten Joe Biden gut umschrieben, der zu den Russland-Sanktionen sagte: "Wir haben den Europäern die Arme auf den Rücken gedreht". Wer diese Politik der Nichtsouveränität mitbetrieben hat, wie die Bundeskanzlerin, von dem kann man eigentlich keine Politik der Veränderung erwarten.
Vom Westen wird Putin als autoritär und Russland als undemokratisch kritisiert. Es ist schon jetzt klar, dass aus dem Westen wieder Vorwürfe über Wahlmanipulation kommen werden.
In den USA wurde schon vor Jahren die große Propagandamaschine gegen den russischen Präsidenten angeworfen. In der amerikanischen Geschichte war das immer der Anfang des Versuchs, andere Staaten fertig zu machen. Da muss man sich fragen, ob auch hier das Ziel der USA ist, der Russischen Föderation die Lebenslichter auszublasen und sich über die Rohstoffe herzumachen. Das wird von Washington unter Umständen sogar so erklärt. Umso mehr imponiert mir die russische Einstellung, von ihrer Politik der ausgestreckten Hand nicht abzuweichen.
Putins Wahlsieg gilt als sicher. Aus Mangel an Alternativen? Oder weil er anscheinend einiges richtig macht?
Die russische Innenpolitik unter Präsident Jelzin in den 1990er Jahren hatte - und da war der Westen nicht ganz unschuldig dran - im Elend geendet. Es wurden keine Renten mehr ausbezahlt, die Löhne stagnierten. Putin hat die Russische Föderation da herausgeführt. Wenn der russische Präsident auch bei den Ereignissen auf der Krim und dem Putsch in der Ukraine nicht so cool, um es mal modern auszudrücken, reagiert hätte, hätte das durchaus die Initialzündung für einen großen Krieg auf dem europäischen Kontinent sein können. Wenn der Wähler das in seine Überlegungen mit einbezieht, ist die souveräne Entscheidung des Volkes klar. Aber es gibt auch andere Präsidentschaftskandidaten in der Russischen Föderation. Das muss dort jeder selbst wissen.
Der Wahltermin, der 18. März, ist übrigens der Tag der Angliederung der Krim an Russland. Sicher bewusst gewählt.
Das ist natürlich ein Datum, das auf Dauer in die russische Geschichte eingeht. Dafür habe ich Verständnis und sogar Sympathie.
Was werden denn für Russland und seinen Präsidenten in den nächsten sechs Jahren große Herausforderungen sein?
Das ist vielleicht durch Zufall am gestrigen Tag deutlich geworden. Man muss großen Zweifel haben, ob der amerikanische Präsident mit seiner Jerusalem-Entscheidung wirklich weiterkommt im Nahen Osten. So etwas darf man nicht unilateral entscheiden. Hier zeigt sich der entscheidende Unterschied: Das Geschäftsmodell der Amerikaner ist Krieg und Elend. Russland unter Putin bemüht sich dagegen um Frieden und gute Zusammenarbeit. Gerade im Nahen und Mittleren Osten ist eine Friedenslösung nur möglich, wenn die Amerikaner auf die Russen zugehen. Wem es wirklich um Frieden geht, sollte ein Interesse daran haben, dass Putin bleibt.
Das komplette Interview mit Willy Wimmer zum Nachhören: