Im Münchner Stadtteil Au fielen am Donnerstagmorgen Schüsse. Ein Bauleiter hat dabei einen Polier erschossen, danach richtete er die Waffe gegen sich selbst. Jetzt gab die Münchner Polizei weitere Details bekannt.
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© Thomas GaulkeDie Baustelle, auf der die Schüsse fielen. Polizisten bewachen den Eingang.
Au - Am Tag nach den tödlichen Schüssen in der Au ermittelt die Münchner Polizei weiter mit Hochdruck. Im Münchner Stadtteil Au waren wie berichtet am Donnerstagmorgen Schüsse gefallen. Ein Ingenieur, der Bauleiter, hat dabei einen Polier erschossen, danach richtete er die Waffe gegen sich selbst.

Am Freitag gaben die Beamten weitere Details bekannt. Wie die Obduktion ergeben habe, sind beide Männer an den Folgen von Schüssen gestorben, so die Polizei - das Opfer soll im Brustbereich getroffen worden sein.

Der 29-jährige Ingenieur aus Augsburg, der die Schüsse abgegeben hatte, besaß demnach keinen Waffenschein - es blieb zunächst unklar, woher die Waffe stammte. Nach AZ-Informationen handelt es sich um eine Glock.

Das Motiv beschreibt die Polizei als "diffus".

Es gibt wohl Hinweise darauf, dass der Mann private Probleme hatte. Auch beruflich soll er viel Stress gehabt haben. Termindruck und die Kosten auf der Baustelle. Die Polizei teilte am Freitag mit, dass nach bisherigem Stand keine Infos über einen akuten Streit oder eine Stresssituation mit dem Opfer vorlägen.

Die Polizei habe die Wohnung des 29-Jährigen durchsucht, aber nichts Auffälliges gefunden, so die Beamten. Auch Hinweise auf eine mögliche Kündigung gebe es bislang nicht. Es sei kein Kündigungsschreiben gefunden worden, aber auch kein Drohschreiben.

Man habe schon mehr als 30 Zeugen vernommen, die Ermittlungen gehen weiter, so ein Polizeisprecher am Freitag.

Das war am Tatort in der Au am Donnerstag passiert:

Mehrere Notrufe gehen am Donnerstag gegen 8.50 Uhr bei der Polizei ein. Zeugen melden Schüsse auf der Baustelle an der Ohlmüllerstraße, auf der einige der teuersten Wohnungen der Stadt entstehen. Personen liegen am Boden, heißt es.

Zwischen den Baucontainern, die als Büro und Pausenräume dienen, liegen die zwei Toten. Die Polizei löst, wie in solchen Fällen inzwischen üblich, sofort Großalarm aus. Codewort: lebensbedrohliche Einsatzlage.

Sofort rasen alle verfügbaren Streifenwagen mit Blaulicht und Martinshorn zum Tatort, bis zu 40 Polizeiautos. "Das erklärt dann auch, weshalb so viele Kollegen mit Schutzweste, Helm und Maschinenpistole zu sehen waren", sagt Polizeisprecher Sven Müller. Über 150 Beamte sind schließlich vor Ort. Fast alle schwer bewaffnet, mit MPs, Helmen und Schutzwesten, dazu das SEK, eine Spezialeinheit der Polizei.

Schüsse in München: Bereich wurde großräumig abgesperrt

Tatort ist das Luxusbauprojekt "Haus Mühlbach" des Immobilienunternehmens Legat Living im ehemaligen Frauengefängnis am Auer Mühlbach, 125 Wohnungen im gehobenen Preissegment sollen ums Eck vom Landratsamt in dem neoklassizistischen, denkmalgeschützen Haus entstehen.

An den umliegenden Straßen werden Absperrungen errichtet, die Reichenbachbrücke ist dicht. Busse und Trambahnen werden gestoppt. Das Landratsamt schließt. Auch eine Kita in der Nähe ist betroffen, die Kinder dürfen nicht raus. Die Leute in den umliegenden Geschäften und Cafés sitzen fest.

Spezialeinheiten der Polizei rücken mit ihren Maschinenpistolen im Anschlag vor. Sie sichern nach allen Seiten. Zwischen Baucontainern, die als Büro und Pausenräume dienen, finden sie die zwei Toten.

"Es war relativ sicher, dass einer der Toten auch der Täter ist", sagte Polizeisprecher Sven Müller bereits am Donnerstag. Eine Pistole, eine Glock, wird bei einer der Leichen gefunden. "Es gab zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Anwohner", meldet die Polizei und gibt Entwarnung für das Viertel. Bei dem einen Toten handelt es sich um einen 45-Jährigen aus dem Kreis Görlitz, Andreas K., ein Polier, Vorarbeiter, zuständig für den Rohbaubereich.

Schießerei in der Au: Obduktionsergebnis am Freitag

Offenbar wurde er von einem Kollegen, einem 29-Jährigen aus Augsburg, erschossen, er war Bauleiter. Nach den tödlichen Schüssen richtete er die Waffe gegen sich. Die beiden Toten wurden in die Rechtsmedizin zur Obduktion gebracht.

Der Schütze soll wild um sich geschossen haben, Andreas K. starb an mehreren Treffern, auch in der Tür eines Containers sind Einschusslöcher. "Persönlich, privat kannten sie sich nicht", sagt ein Projektmanager vom "Haus Mühlbach". Die beiden Männer sollen sich erst auf der Baustelle vor etwa einem halben Jahr kennengelernt haben und bei unterschiedlichen externen Firmen angestellt gewesen sein. Den Todesschützen beschreibt der Projektmanager als "eher ruhig. Man hat bei ihm nichts ahnen können. Aber wer geht mit einer Pistole auf die Straße? Was hat man da vor?"

Schüsse in der Au: Polizei vernimmt 30 Zeugen

In Polizeikreisen hieß es am Donnerstag, man gehe von einem Motiv aus, das seinen Ursprung in der Arbeit auf der Baustelle habe. Der Projektleiter betont, er habe nie von einem Streit auf der Baustelle gehört.

Johannes Thoma von Legat Living, die das Luxusprojekt bauen, sagt: "Wir sind geschockt und in Gedanken bei den Familien." Obwohl die Spurensicherung ihre Arbeit im Laufe des Donnerstags beendet hat, geht es auf der Baustelle erstmal nicht weiter.

Unbestätigten Gerüchten zufolge soll der Todesschütze kurz vorher von seiner Kündigung erfahren haben. Machte er dafür Andreas K. verantwortlich? Derzeit ermittelt die Polizei, sie hat etwa 30 Männer vernommen, die zum Tatzeitpunkt auf der Baustelle gearbeitet haben.