Die Insolvenzen steigen auf den höchsten Stand seit 20 Jahren. Die Insolvenzwelle ist das Ergebnis eines perfekten Sturms, sagen Experten. Gemeint sind eine langanhaltende konjunkturelle Schwäche und drastisch gestiegene Kosten. Nun sorgt das Ende der Ampel für zusätzliche Unsicherheit. Aber auch für Hoffnung.

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© Bloomberg / Getty Images
Die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland ist nach Erhebungen des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) im Oktober sprunghaft gestiegen. 1530 Personen- und Kapitalgesellschaften meldeten im vergangenen Monat Insolvenz an, wie das IWH am Donnerstag mitteilte.

Das seien 17 Prozent mehr als im Vormonat und sogar 48 Prozent mehr als ein Jahr zuvor - und zugleich der höchste Oktoberwert seit 20 Jahren.

Die Zahlen lägen zudem 66 Prozent über dem durchschnittlichen Oktoberwert der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Coronapandemie. "Die derzeitige Insolvenzwelle ist das Ergebnis eines perfekten Sturms aus langanhaltender konjunktureller Schwäche und drastisch gestiegenen Kosten", sagte IWH-Forscher Steffen Müller.

"Viele schwächere Unternehmen, die in der Niedrigzinsphase und mit Unterstützung während der Pandemie überlebt haben, stehen nun bei stark gestiegenen Kosten unter massivem Druck."

Das treibe vor allem hoch verschuldete Firmen in die Insolvenz. Zu den besonders betroffenen Branchen zählen demnach das Baugewerbe, der Handel und unternehmensnahe Dienstleistungen. Im verarbeitenden Gewerbe lagen die Zahlen ebenfalls auf sehr hohem Niveau.

Arbeitsplätze noch nicht so stark betroffen

Schließungen großer Arbeitgeber führen außerdem häufig zu erheblichen und dauerhaften Einkommens- und Lohnverlusten bei den betroffenen Beschäftigten. Die Zahl der von Großinsolvenzen betroffenen Jobs liefert zudem eine gute Annäherung an die Gesamtzahl der von Insolvenz betroffenen Arbeitsplätze.

Laut IWH-Insolvenztrend waren im Oktober in den größten 10% der insolventen Unternehmen trotz der hohen Zahl an Insolvenzen lediglich knapp 11 000 Arbeitsplätze betroffen. Damit liegt die Zahl der betroffenen Beschäftigten mehr als die Hälfte unter dem Vormonatswert, in etwa auf dem Niveau von Oktober 2023, aber 30% über dem Durchschnitt eines typischen Oktobers der Vor-Corona-Jahre 2016 bis 2019.

Die trotz so hoher Insolvenzzahlen noch immer vergleichsweise geringe Zahl an betroffenen Jobs geht auf das Fehlen sehr großer Insolvenzen zurück. (wie sie etwa in der Autoindustrie zu befürchten sind).

Große Insolvenzfälle hatten noch die Vormonate geprägt, sagt das IWH. Anders als die hohen Insolvenzzahlen vermuten lassen, waren die Auswirkungen des Insolvenzgeschehens auf den Arbeitsmarkt im Oktober bisher noch überschaubar.


Insolvenzen steigen seit Jahren - kaum noch Unternehmensgründungen

Deutschlands Insolvenzverwalter drängen auf schnelle Neuwahlen. "Ein langes Warten auf eine neue Bundesregierung wird zu noch mehr Insolvenzen führen", sagt Christoph Niering, der Vorsitzende des Verbands Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) gegenüber der Welt.

Die Insolvenzzahlen steigen. Seit eineinhalb Jahren kontinuierlich. Der Blick auf die Zahlen sorgt für große Unruhe - steht die deutsche Wirtschaft seit der Coronapandemie und dem Ausbruch des Ukrainekriegs doch unzweifelhaft vor großen Herausforderungen. Oft werden die Insolvenzzahlen als Indikator für die schlechte Wirtschaftslage angeführt.

"Schaut man sich die langjährige Entwicklung der Insolvenzen an, dann erreichen wir nicht annähernd die Zahlen, wie wir sie zu Zeiten der Finanzkrise gesehen haben", sagt Christoph Niering hingegen. "Dies hängt aber auch mit den abnehmenden Gründungszahlen zusammen.

Die deutsche Industrie steckt auch im Jahr 2024 in einer Rezession. Die bisherige Entwicklung ist frustrierend - die Industrieproduktion lag im ersten Halbjahr um rund 5 % unter ihrem entsprechenden Vorjahreswert, sagt auch Prof. Dr. Michael Grömling vom Institut der deutschen Wirtschaft.

Vom Tiefgang werden alle großen Industriesparten erfasst: Die abermals gesunkene Produktion von Investitionsgütern reflektiert die anhaltende Rezession im Maschinenbau, aber auch die Rückgänge in Teilen der Elektro- und Fahrzeugindustrie. Zur gesunkenen industriellen Produktion von Konsumgütern haben die Elektroindustrie, aber auch die Pharmaindustrie beigetragen.